Kommentar zur Zukunft des Dieselautos Vertrauen verspielt

Meinung | Bonn · Millionen Autobesitzer wurden bewusst getäuscht, eine Entschädigung der deutschen Kunden lehnt Volkswagen bis heute ab. Kein Wunder, dass den Deutschen die Lust auf Diesel-Autos vergangen ist.

Der Skandal um manipulierte VW-Abgaswerte hat das Zeug, eine Zeitenwende einzuläuten. Es könnte den Anfang vom Ende des Diesels bedeuten. Zu viel ist bislang ans Tageslicht gekommen, so dass immer mehr Verbraucher und Umweltschützer die Nase allmählich voll vom Diesel haben. Und das mit Recht.

Der Skandal stinkt zum Himmel. Millionen Autobesitzer wurden bewusst getäuscht, eine Entschädigung der deutschen Kunden lehnt Volkswagen bis heute ab. Kein Wunder, dass den Deutschen die Lust auf Diesel-Autos vergangen ist. Die Verkaufszahlen sinken, haben im vergangenen Monat den niedrigsten Stand seit 54 Monaten erreicht. Und der Abwärtstrend dürfte weitergehen, auch wenn die Hersteller mit aller Macht versuchen, die Fahrzeuge wenigstens mit hohen Rabatten loszuwerden. Das wird allerdings nicht reichen, denn das Vertrauen ist dahin. Das Vertrauen in eine großartige Ingenieurskunst, aber auch das Vertrauen in eine deutsche Leitindustrie mit einem bis dato einzigartigen Ruf.

Wenn man wenigstens etwas Gutes in den Abgasschummeleien entdecken will, vielleicht dies, dass der Abgasskandal einen Trend hin zur Elektromobilität beschleunigen könnte, der bislang trotz staatlicher Förderung nur schleppend in Gang kommt. E-Autos bleiben in den Verkaufsräumen stehen, weil viele Probleme noch nicht zufriedenstellend gelöst sind. Allen voran das Problem der noch zu geringen Reichweite der Fahrzeuge und der noch unzureichenden Lade-Infrastruktur. Eine Lösung ist aber nur eine Frage der Zeit, und dann wird die E-Auto-Branche rasant durchstarten. Bis dahin dürfte die Hybridtechnik, also die Kombination aus Verbrennungs- und Elektroantrieb, einen kräftigen Aufschwung erfahren. Der Hersteller Toyota macht vor, wohin die Reise gehen könnte: Schon jetzt ist jeder dritte verkaufte Neuwagen der Japaner ein Hybrid.

Und nicht nur der Abgasskandal setzt der Selbstzündertechnik zu. Auch die immer schärferen Umweltrichtlinien zeigen dem Diesel Grenzen auf. Nur die Motoren der jüngeren Generation können noch die schärferen Schadstoffgrenzwerte einhalten. Doch die moderne Abgasreinigungstechnik ist kompliziert, anfällig und vor allem teuer. Sollten in absehbarer Zukunft tatsächlich in deutschen Großstädten Fahrverbote durchgesetzt werden, müssten ältere Dieselfahrzeuge künftig draußen bleiben. Ein unvorstellbares Szenario für Handwerker, Händler, Lieferanten und all jene, die täglich beruflich in die City müssen. Doch so weit ist es noch nicht, und bevor es tatsächlich zu flächendeckenden Fahrverboten kommt, müssen erst einmal die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen werden. Realistisch sind punktuelle Fahrverbote in besonders belasteten Zonen. Die müssen dann allerdings auch für kommunale Fahrzeuge sowie für Busse, Lkw und Taxen gelten.

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