Landessozialbericht Vor allem Junge sind von Armut bedroht

Düsseldorf · Trotz des Wirtschaftswachstums ist das Armutsrisiko junger Menschen in NRW im letzten Jahrzehnt stark gestiegen. 2011 galten 643.000 Jugendliche als einkommensarm. Über die Hälfte der unter 25-jährigen Arbeitnehmer arbeitete 2010 bereits im Niedriglohnbereich oder in atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Darauf weist der 3. Landessozialbericht hin.

 Um eine Extraportion Linsensuppe bittet ein Gast einer Suppenküche des Diakonischen Werks.

Um eine Extraportion Linsensuppe bittet ein Gast einer Suppenküche des Diakonischen Werks.

Foto: dpa

NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) sieht die Ursache der Altersarmut vor allem in den geringen Einkünften junger Leute. Jeder Vierte unter 30 Jahren hatte nur einen befristeten Job, fast 28 Prozent der jungen Geringqualifizierten war arbeitslos. Schneider kritisierte die Pläne von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) für eine Zuschussrente.

"Der Staat kann nicht nur als Reparaturbetrieb bei Schieflagen tätig werden. Wer Altersarmut bekämpfen will, muss bei den ganz Jungen beginnen", sagte Schneider. Der Minister forderte Mindestlöhne und ein Ende des "Unwesens" unbezahlter Praktika für junge Leute mit Berufsabschluss.

Laut Landessozialbericht geht die Schere zwischen Arm und Reich auch in Nordrhein-Westfalen weiter auseinander. In NRW gelten 2,8 Millionen Menschen als arm - 200.000 mehr als im Jahr 2010. Die Armutsgrenze für Ein-Personen-Haushalte liegt bei 60 Prozent des Durchschnittseinkommens - das sind 833 Euro monatlich.

Ein Alarmzeichen für das steigende Armutsrisiko sieht Schneider in der wachsenden Zahl der Geringverdiener. Inzwischen sei jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte im Niedriglohnsektor tätig. 2010 lag die Erwerbslosenquote der unter 30-Jährigen mit 8,4 Prozent bei Frauen und 11,4 Prozent bei Männern über dem Durchschnitt. Stark gestiegen ist das Armutsrisiko im letzten Jahr auch bei:

  • Alleinerziehenden (37,6 Prozent auf 41,7 Prozent),
  • Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit: (34,4 Prozent auf 36 Prozent),
  • Erwerbslosen (51 Prozent auf 58,7 Prozent) und
  • Kindern und Jugendlichen (19,9 Prozent auf 21,6 Prozent).

In der aktuellen Rentendebatte lehnte Schneider zur Stabilisierung der Rentenkasse eine Senkung der Beiträge zur Rentenversicherung von 19,6 auf 19 Prozent entschieden ab. Gleichzeitig wies Schneider den Vorstoß von DGB-Landeschef Andreas Meyer-Lauber zurück, die Beiträge auf 22 Prozent anzuheben. "Wir sollten uns an rund 20 Prozent orientieren." Höhere Lohnnebenkosten gefährdeten Arbeitsplätze, warnte Schneider.

Auf der nächsten Arbeitsministerkonferenz im September plant NRW einen Vorstoß für eine gesetzliche Begrenzung unbezahlter Praktika. "Die sind kein guter Weg in den ersten Arbeitsmarkt", sagte Schneider. Um spätere Altersarmut zu verhindern, müssten faire Löhne gezahlt und eine qualifizierte Ausbildung gesichert werden.

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