Shutdown in den USA Warum Trump bei der Grenzmauer aufs Ganze geht

Washington · In der Bevölkerung wächst der Unmut über Folgen des Regierungsstillstandes, dem US-Präsidenten Donald Trump läuft die Zeit davon. Mittlerweile häufen sich die kritischen Stimmen aus den eigenen Reihen.

 Sicherheitsmitarbeiter überprüfen Fluggäste am Reagan National Airport. Die Mitarbeiter sind bei der Bundesbehörde Transportation Security Administration (TSA) angestellt und arbeiten seit dem Shutdown ohne Bezahlung. Viele haben sich krankgemeldet.

Sicherheitsmitarbeiter überprüfen Fluggäste am Reagan National Airport. Die Mitarbeiter sind bei der Bundesbehörde Transportation Security Administration (TSA) angestellt und arbeiten seit dem Shutdown ohne Bezahlung. Viele haben sich krankgemeldet.

Foto: dpa

Erst die kurzfristig inszenierte Rede ans Volk am Dienstagabend, dann am Donnerstag ein medienwirksamer Besuch in der texanisch-mexikanischen Grenzregion. Dort, wo laut Donald Trump eine „Krise“ tobt, die Amerikas „nationale Sicherheit“ gefährdet und das Ausrufen eines „nationalen Notstands“ legitimieren würde. Um sein umstrittenes Mauerprojekt zu retten, das zentral mit dem in der dritten Woche laufenden Teil-Regierungsstillstand verknüpft ist, zieht der US-Präsident zu Jahresbeginn alle Register.

Warum die große Geste jetzt, wo Trump doch am 29. Januar ohnehin vor dem Kongress die traditionelle „Rede zur Lage der Nation“ hält? Die Zeit drängt. Die Demokraten machen bisher keine Anstalten, sich Trumps Erpressungsmethode zu beugen, die auf den Nenner „5,7 Milliarden Dollar für die Mauer = Aufhebung des Shutdowns“ zu bringen ist.

Gleichzeitig wächst in der Bevölkerung der Unmut über die wachsenden Kollateralschäden des Regierungsstillstands, der sich nach und nach in immer mehr Lebensreiche frisst. In dieser Woche werden erstmals Zehntausende Staatsbedienstete voraussichtlich keinen Gehaltsscheck bekommen.

Neben der öffentlichen Meinung (70 Prozent der Amerikaner lehnen die Mauer laut Umfragen als nicht relevant ab) droht Trump auch zunehmend Ungemach in den eigenen Reihen. Und zwar von Praktikern an der Basis. So hält der republikanische Abgeordnete Will Hurd, der in Texas politisch rund 800 Meilen Grenze verantwortet, die von Trump mantramäßig vorgetragene Notwendigkeit eines Grenzwalls aus Beton oder (neuerdings) Stahl für einen „teuren Denkfehler“.

Alternatives Grenzkonzept findet viel Unterstützung

Wie er unterstützt auch die „Texas Border Coalition“, ein Zusammenschluss von meist konservativen Bürgermeistern und Richtern zwischen Brownsville und El Paso, ein alternatives Konzept: kein durchgehendes Bauwerk aus Beton und Eisen über die gesamte Grenzlänge von 2000 Meilen. Sondern da, wo sinnvoll, die behutsame Ergänzung von bereits bestehenden 650 Meilen (1050 km) Grenzzaun. Parallel dazu mehr technische Überwachung durch Kameras und Sensoren. Mehr Grenzschützer. Mehr befahrbare und damit kontrollierbare Feldwege an den Ufern des Rio Grande, den viele illegale Einwanderer queren müssen, wenn sie in die USA wollen.

Den Plan der „virtuellen Mauer“ hatte Pete Saenz, der Bürgermeister der Grenzstadt Laredo in Texas, gegenüber dieser Zeitung bereits vor zwei Jahren ausführlich dargelegt. Eine Mauer, so Saenz damals, würde die wirtschaftliche Entwicklung zwischen den USA und Mexiko „empfindlich einschränken“ und nicht den von Trump versprochenen Effekt – weniger Drogenkriminalität, weniger illegale Einwanderer, weniger Terroristen – erzielen.

Apropos Terroristen: Trumps Behauptung, wonach das Heimatschutzministerium zuletzt über 4000 Terrorverdächtige beim Versuch des illegalen Grenzübertritts dingfest gemacht habe, steht mit jedem neuen Tag ein Stückchen mehr im Treibsand. Der Fernsehsender NBC zitierte jetzt offizielle Statistiken der Grenzbehörden, nach denen im ersten Halbjahr 2018 ganze sechs Personen an der Grenze zu Mexiko festgestellt wurden, deren Namen auf regierungsamtlichen Listen mit Verdächtigen stehen. Die Demokraten griffen die Diskrepanz sofort auf. „Trump fabriziert Zahlen und Krisen, die es so nicht gibt, und täuscht damit die Öffentlichkeit.“

Bei den Republikanern im Kongress bleibt das nicht ohne Wirkung. Es zeichnen sich Überläufer ab, die der „präsidialen Geiselhaft“ ein Ende setzen und mit den Demokraten für die Aufhebung des Regierungsstillstands stimmen wollen. Legt Trump dann sein Veto ein, könnte er mit Zwei-Drittel-Mehrheit mattgesetzt werden.

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