Mordserie Was die Untersuchungsausschüsse im NSU-Fall ergeben haben

Bonn · Das Urteil im NSU-Prozess ist am Mittwoch in München gefallen. Die Mordserie des NSU ist auch politisch weitgehend aufgearbeitet worden, sowohl im Bundestag als auch in diversen Ländern.

 Einer von 13 Ausschüssen: Ein Sitzungssaal in Hessen.

Einer von 13 Ausschüssen: Ein Sitzungssaal in Hessen.

Foto: picture alliance / Andreas Arnol

Mit dem Urteil am Oberlandesgericht München ist nun vorerst die juristische Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) beendet worden. Auch auf politischer Ebene ist die Mordserie weitgehend aufgearbeitet. Im Bundestag befassten sich zwei Untersuchungsausschüsse mit dem NSU und dessen Kerntrio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe.

Hinzu kommen jeweils zwei Untersuchungsausschüsse in Thüringen, Sachsen und Baden-Württemberg sowie je einer in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Abgesehen von Hamburg hat in allen Bundesländern, in denen es einen NSU-Mord gab, eine parlamentarische Aufarbeitung der Verbrechen stattgefunden. Eine Bürgerinitiative will diese in Hamburg noch erzwingen. In einigen Ländern laufen die Ausschüsse noch. Ein Überblick über einige der Ergebnisse:

Im Düsseldorfer Parlament beschäftigte sich der Ausschuss des Landtages in 54 Sitzungen mit dem NSU, befragte 75 Zeugen und legte im April 2017 seinen 1150 Seiten starken Abschlussbericht vor. Er befasste sich mit den drei Attentaten im Land: den Bombenanschläge in der Probsteigasse und der Keupstraße in Köln sowie dem Mord an einem Kioskbesitzer in Dortmund. Den Ermittlern stellt der Bericht ein schlechtes Zeugnis aus. Zum Anschlag in der Probsteigasse etwa heißt es: „Ein möglicher fremdenfeindlicher Hintergrund der Tat ist nicht ernsthaft in Betracht gezogen worden.“ Auch in Dortmund hätten die Behörden etwaige rechtsextreme Motive nicht ausreichend berücksichtigt. Stattdessen sei einseitig gegen die Opfer ermittelt worden.

Bericht kritisiert NRW-Verfassungsschutz

Mit Blick auf den Anschlag in der Probsteigasse heißt es zudem: „Es bestehen erhebliche Zweifel daran, dass Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt die Sprengfalle abgelegt haben.“ Vielmehr seien „Indizien zu erkennen, die zumindest für die Beteiligung einer weiteren – bisher nicht identifizierten – Person sprechen.“

Zudem kritisiert der Bericht die Arbeit des NRW-Verfassungsschutzes. Der habe Neonazis, die aus der Szene aussteigen wollten, als Informanten (sogenannte V-Leute) angeworben, anstatt sie in Aussteigerprogramme zu vermitteln. Wegen der hohen Zahl der V-Leute habe der Verfassungsschutz die Szene auf diese Weise stabilisiert.

Im Abschlussbericht des zweiten Ausschusses des Bundestages vom Juni 2017 ist ebenfalls der Einsatz der V-Leute des Verfassungsschutzes kritisiert worden. Vieles sei schief gelaufen. So wurden etwa Akten über V-Leute vernichtet. Auch die Parlamentarier des Bundestages bescheinigten den Ermittlern einen zu engen Blick bei der Aufklärung der Verbrechen. Ähnlich wie die Abgeordneten in Nordrhein-Westfalen bezweifelten auch sie, dass der NSU ausschließlich aus Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt bestand. Uli Grötsch, der für die SPD-Fraktion im Untersuchungsausschuss saß, sagte, für ihn stehe fest: „Das NSU-Kerntrio wurde von einem breiten Neonazi-Netzwerk unterstützt.“

Auch der Abschlussbericht des ersten Ausschusses im thüringischen Landtag kritisiert den Verfassungsschutz, die Polizei und die Justiz scharf – von „Versagen“ und „Fiasko“ ist darin die Rede. Das Bundesland, aus dem Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe stammen, trage „eine besondere Verantwortung“. Der Bericht wirft dem Verfassungsschutz unter anderem vor, rechtsextreme Strukturen begünstigt zu haben: So habe der V-Mann Tino Brandt mit den Geldern, die er für seine Arbeit als Informant erhielt, rechtsextreme Gruppen wie den Thüringischen Heimatschutz unterstützt.

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