Tage der Demokratie in Bonn Arenadiskussion über lebendige Demokratie im Beethoven-Haus

Bonn · Eine Arenadiskussion während der Bonner Tage der Demokratie zeigt alle Tücken demokratischer Teilhabe: Am Montagabend debattierten die Gäste im Beethoven-Haus über die Frage, wie lebendige Demokratie gelingen kann.

 Im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses debattieren Gäste und Zuhörer über demokratische Teilhabe.

Im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses debattieren Gäste und Zuhörer über demokratische Teilhabe.

Foto: Benjamin Westhoff

„Jetzt lasst uns endlich mitreden!“ Während draußen in der Bonngasse mehr als 100 Kritiker der Anti-Corona-Politik sich lautstark trommelnd Gehör für ihre Forderungen nach angeblich verletzten „Menschenrechten“ verschafften, fiel drinnen im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses eben dieser Satz nicht. Stillschweigend verfolgten drei Dutzend Zuhörende am Montagabend in den Stuhlreihen die „Arenadiskussion“ zur Frage, wie lebendige Demokratie gelingen kann.

„Runter vom Podium – rein ins Gespräch“ hatte Isabell Lisberg-Haag, anfangs versprochen, die Initiatorin der Bonner Tage der Demokratie, die zusammen mit GA-Chefredakteur Helge Matthiesen den Abend moderierte. Wie schwer das mit der demokratischen Teilhabe in Wahrheit ist, führte die Veranstaltung dann selbst vor Augen. Gute Argumente wollen entwickelt, Meinungen fundiert werden. Da braucht es Rede und Gegenrede. Und jeder hat seinen Standpunkt. Das braucht Zeit und Konzentration. Da wird es schwer, wenn zu viele mitreden wollen.

Gespräche nur mit Volksbegehren im Rücken

Vor allem Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstandssprecher des Vereins „Mehr Demokratie“ aus Thüringen, und der Bonner Politikwissenschaftler Frank Decker lieferten sich eine angeregte akademische Debatte über das adäquate Instrumentarium repräsentativer und direkter Demokratie. Nur mit der Drohung beispielsweise von Volksbegehren im Rücken würden Politiker mit der Bevölkerung jenseits von Wahlterminen überhaupt ernsthaft ins Gespräch kommen, argumentierte Beck. Instrumente wie Bürgerbegehren würden vor allem Menschen mit hoher Bildung und ausreichend Zeit und Ressourcen nutzen, hielt Decker dagegen. Hierbei habe sich eine Dagegen-Kultur entwickelt, die vor allem einer Minderheit missliebige Bauvorhaben verhindere. In Bonn gibt es dafür mit der Bäderdiskussion und dem Viktoriakarree gleich mehrere Beispiele.

Es brauche neue Formen der konstruktiven Zusammenarbeit zwischen der Bevölkerung und ihren gewählten Vertretern, forderte der Wissenschaftler. Cornelia Weigand, Landrätin im Kreis Ahrweiler, konnte beiden Positionen etwas abgewinnen. Sie sah vor allem die Gefahr der Manipulation bei stimmungsgetriebenen Abstimmungen. Der Soziologe und Schriftsteller Hidir Eren Celik verwies auf die vielen Hürden, die vor demokratische Teilhabe gestellt sind. Erst Birgit Hufnagel, Schulleiterin am Robert Wetzlar Berufskolleg, brachte die Runde dann ganz banal wieder auf den Boden der Realität. Sie erklärte, ein Großteil ihrer Schülerschaft sei schon mit der Terminologie der Diskussion vollkommen überfordert.

Der freie Stuhl in der Expertenrunde, auf dem jedermann aus dem Raum sich einbringen sollte, blieb jedenfalls eine geschlagene Stunde lang leer. Erst danach durften noch kurz Julian Krauskopf sein Projekt „Schlüssel zur Gesellschaft“ und Luca Samilidis sein Engagement für Fridays for Future vorstellen. Viele Sichtweisen also für einen insgesamt recht kurzweiligen Abend, dem man mehr Gäste gewünscht hätte.

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