Erste öffentliche Rede seit Erkrankung Westerwelle ist zurück

BERLIN · Er ist da. Er spricht. Die Stimme ist fest, und er sieht, nun ja, gut aus, stabil. Müde vielleicht, das schon. Wie jemand halt aussieht, der Schweres durchgemacht hat. Das Gesicht zeigt Spuren.

 Auf der Berliner Bühne: Guido Westerwelle.

Auf der Berliner Bühne: Guido Westerwelle.

Foto: dpa

Und für dieses eine Mal kann das schon als die eigentliche Meldung gelten. Guido Westerwelle hält wieder eine Rede. Es ist eine Rückkehr, und so schaut er in die kleine Runde. Mit einem kleinen Erstaunen hier, einem freudigen Erkennen da und mit einer stillen Freude - oder vielleicht spiegelt die sich eher in den Gesichtern der Zuhörer. Dankbar und mehr als glücklich sei er, hier zu sein. "Aus offenkundigen Gründen" sei das 14 Monate lang nicht möglich gewesen, sagt er. Auf Englisch.

Normalerweise ist dieser Termin am feinen Kurfürstendamm 213 alles andere als ein Ereignis. Eine Stiftung gibt einen Empfang. Begrüßt ausländische Stipendiaten. Außer den Beteiligten interessiert das normalerweise wenige. Diesmal ist es anders. Es ist die Guido-Westerwelle-Foundation, die da einlädt. Das Projekt also, mit dessen Aufbau der ehemaligen Außenminister und langjährige FDP-Chef so intensiv beschäftigt war, seit er im September 2013 aus dem Bundestag ausgeschieden war.

Dass er die kleine Konferenz der "Young leaders" seiner Stiftung eröffnet, wäre früher selbstverständlich gewesen. In einer anderen, vergangenen Zeit - vor diesem Tag Mitte Juni 2014. Dem Tag der Diagnose. Akute Leukämie. Lebensbedrohlich. Westerwelle wollte sich wegen einer Sportverletzung behandeln lassen. Blut wurde abgenommen. Zum Glück.

Westerwelle lebte und liebte die Öffentlichkeit. Sie war der Resonanzboden seiner politischen Wirkung. Er suchte sie, spielte mit ihr, genoss sie. Vielleicht brauchte er sie irgendwann. Der Krebs hat ihn in brutalstmöglicher Härte auf sich selbst zurückgeworfen. Am 20. Juni 2014 machte er die Diagnose publik. Es folgte mediale Dunkelheit. Eine Zeit des Kampfes. Chemotherapie, neues Knochenmark. Langsam drangen mehr Nachrichten durch. Keine schlechten.

Ende Oktober konnte man von einem kurzen Besuch bei einer Kölner Galeristin lesen, zu Weihnachten kursierten Bilder von einem Mallorca-Aufenthalt. Dann suchte Westerwelle selbst den größeren Auftritt. Im Sommer besuchte er mit seinem Ehemann Michael Mronz die Fidelio-Aufführung bei den Salzburger Festspielen. Viel beachtet wurde sein Besuch des Sommer-Jazzfestes der Bonner FDP. Er blieb lange, plauderte. Es ging ihm besser, und das wollte er zeigen.

Die kleine Eröffnungsansprache in der Stiftung - das ist seine erste öffentliche Ansprache nach 14 Monaten des Kampfes gegen die Krankheit. In den herzlichen Beifall am Ende mischt sich viel Erleichterung. Er ist das Gesprächsthema, nicht seine Rede. "Er strahlt Hoffnung aus", sagt ein afrikanischer Diplomat. Das ist der vorherrschende Eindruck.

Auch für ihn selbst. "Ja", sagt er, "das war ein bewegender Moment für mich." Über die Krankheit will er nicht groß reden: "Alles in bester medizinischer Betreuung." Dann will er schon gehen und dreht sich noch mal um - und sagt: "Das ist doch toll." Dann kommt das Fernsehen und will ein Interview. Fast schon wie früher...

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