Auf der Flucht im eigenen Land Zahl der Binnenflüchtlinge ist auf Rekordstand

Genf · 41,3 Millionen Menschen waren Ende 2018 weltweit aus ihrer Heimatregion vertrieben – so viele wie nie zuvor. Der Generalsekretär des Norwegischen Flüchtlingsrates fordert mehr Engagement von der Politik.

 Vertriebene im eigenen Land: Das Archivbild von 2016 entstand in einem Lager für Binnenflüchtlinge in Nigeria.

Vertriebene im eigenen Land: Das Archivbild von 2016 entstand in einem Lager für Binnenflüchtlinge in Nigeria.

Foto: picture alliance / dpa

Jan Egeland fand das passende Wort: „Unfassbar“. Damit prangerte Egeland das Ausmaß der weltweiten Flucht von Menschen vor Gewalt innerhalb ihrer eigenen Länder an. Ende 2018 mussten 41,3 Millionen Kinder, Frauen und Männer ein Dasein als sogenannte Binnenflüchtlinge fristen. Das ist die höchste jemals erfasste Zahl von Menschen, die in ihrem Heimatland umherirren. Allein Im Verlaufe des vergangenen Jahres mussten knapp elf Millionen Menschen neu die Flucht antreten. Egeland, der Generalsekretär des Norwegischen Flüchtlingsrates, präsentierte am Freitag in Genf einen Experten-Bericht über interne Vertreibung.

Egeland nannte simple Gründe, warum die Zahl der Binnenflüchtlinge den traurigen Rekordstand erreichte: „Kriege werden grausamer und dauern länger.“ Als Beispiele werden in dem Bericht die Gemetzel in Syrien, der Demokratischen Republik Kongo und Nigeria aufgelistet. Syrien mit 6,1 Millionen und Kolumbien mit 5,8 Millionen stehen dann auch an der Spitze der Länder mit den meisten Binnenflüchtlingen. Dahinter folgt die Demokratische Republik Kongo mit 3,1 Millionen. Das Genfer Beobachtungszentrum für interne Vertreibung erstellte den Report im Auftrag des Norwegischen Flüchtlingsrates.

Forderung nach mehr Engagement

Egeland, der frühere Chef der UN-Nothilfe, forderte von Politikern mehr Engagement, um Konflikte friedlich zu lösen. Eine „unzureichende internationale Diplomatie“ treibe die Zahl der Binnenflüchtlinge immer weiter nach oben, warnte Egeland. So bemüht sich mittlerweile schon der vierte Sondergesandte der Vereinten Nationen um eine friedliche Beilegung des acht Jahre dauernden Syrienkriegs – bislang vergeblich.

Zwar konnten im Laufe des vergangenen Jahres Millionen Menschen wieder in ihre ehemals umkämpften Heimatgebiete zurückkehren, etwa im Irak. Doch viele Heimkehrer finden nur Elend und Zerstörung vor: Ihre Häuser sind Ruinen, Straßen unpassierbar und öffentliche Dienste wie eine medizinische Versorgung nicht vorhanden.

Von Binnenflüchtlingen sind laut Völkerrecht Flüchtlinge zu unterscheiden. Binnenflüchtlinge bleiben in ihrem Heimatstaat, um Unterdrückung und Gewalt zu entkommen. Flüchtlinge hingegen suchen in fremden Ländern Schutz. Das Hilfswerk UNHCR ging zuletzt von rund 25 Millionen Flüchtlingen aus. Im Juni wird das UNHCR die neuesten Entwicklungen bekannt geben. Angesichts der vielen Kriege muss auch ein weiterer Anstieg der Zahl der Flüchtlinge befürchtet werden.

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