EU-Ostpartnerschaftsgipfel Zerschlagene Hoffnungen

RIGA · Für die Ukraine drohen sich in Riga gleich mehrere Hoffnungen zu zerschlagen. Dabei hat Kiew große Erwartungen an den Ostpartnerschaftsgipfel, der gestern in Riga begonnen hat.

Eine Aussicht auf den begehrten Status als EU-Beitrittskandidat, die freie Einreise in die Union, vor allem aber moralische Unterstützung in den Krisenregionen im Osten. Die Abschlusserklärung der sechs Partnerschaftsländer Ukraine, Georgien, Moldau, Aserbaidschan, Armenien und Weißrussland ist bereits vorbereitet. Nicht nur den Passus über die Verurteilung der russischen Annexion der Krim aber wird man wohl noch einmal umarbeiten müssen.

Denn die Regierungen im armenischen Jerewan und dem weißrussischen Minsk haben noch vor Beginn des Gipfels erklärt, eine solche Erklärung nicht unterzeichnen zu wollen. Statt einer klaren Ablehnung des russischen Vorgehens wird wohl nur noch eine neutrale Formulierung in dem gemeinsamen Schlusspapier auftauchen: Man werde den Respekt "nationaler Souveränität und territorialer Integrität" fordern. Ein herber Rückschlag für den ukrainischen Außenminister Pawel Klimkin, der für eine EU-Mission im noch immer umkämpften Osten seines Landes wirbt.

Die Präsenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE), die die Waffenruhe prüfen soll, faktisch aber vielerorts nicht zugelassen wird, reiche nicht aus. Er wünscht sich eine "zivil-militärische Operation" mit Polizisten, Justizpersonal und Soldaten.

Das aber würde den Konflikt mit Russland ebenso verschärfen wie der Wunsch der Ukraine, EU-Beitrittskandidat zu werden. "Wir möchten jetzt die konkrete Zusicherung erhalten, dass die Ukraine für eine künftige Mitgliedschaft in der Europäischen Union geeignet ist", meinte Klimkin. Daraus wird aber wohl vorerst nichts werden.

In einem Entwurf der Abschlusserklärung betonen die Staats- und Regierungschefs lediglich die "gemeinsame Vision einer strategischen und ambitionierten Partnerschaft". Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde in einer Rede vor dem Bundestag unmittelbar vor ihrer Abreise nach Riga noch deutlicher: Die EU-Ostpartnerschaft sei kein "Instrument der Erweiterungspolitik" und warnte davor, "falsche Hoffnungen zu wecken, die wir später nicht erfüllen können".

Russlands Chefdiplomat Sergej Lawrow hatte vorab davor gewarnt, mit der EU-Ostpartnerschaft Interessen seines Landes zu verletzen. Diese richte sich aber "gegen niemanden - insbesondere nicht gegen Russland", hielt Kanzlerin Merkel dem entgegen.

Dennoch bemüht sich die Union um eine engere Verbindung mit der Ukraine, aber auch mit Georgien und Moldau, die ebenfalls Assoziierungsabkommen mit der EU geschlossen haben. Gestern kündigte die Kommission aus Brüssel an, kleinen und mittelständischen Unternehmen in den drei Ländern über die nächsten zehn Jahre mit 200 Millionen Euro unter die Arme greifen zu wollen, um Investitionen in den Partnerländern anzukurbeln.

Deren Wunsch nach einer freien Einreise in die EU wird man aber kaum nachkommen. Der ukrainische Außenminister Klimkin hofft dennoch auf ein Einsehen: Es werde durch eine Visa-Liberalisierung zu keiner "Migrationswelle in die Europäische Union" kommen, versichert er. Doch mit dem immer noch schwelenden Konflikt im Osten wird auch diese Zusicherung in Riga kaum zu einem Umdenken führen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort