Tempo 130 auf Autobahnen Welche Auswirkungen hätte ein Tempolimit in NRW?

Düsseldorf · In Deutschland wird aktuell ein mögliches Tempolimit auf Autobahnen diskutiert. Doch welche Auswirkungen hätte ein solches Tempolimit - gerade auf den Autobahnen in NRW?

 Ein Straßenwärter hält ein Schild für Tempo 130 in den Händen.

Ein Straßenwärter hält ein Schild für Tempo 130 in den Händen.

Foto: dpa

Das Thema Tempolimit für Autobahnen bewegt dieser Tage die Deutschen: Politiker und Umweltschützer, Autofahrer und Nicht-Autofahrer. Die Bundesregierung versuchte, der Debatte Anfang der Woche ein Ende zu setzen: Man plane kein Tempolimit, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Es gebe "intelligentere" Maßnahmen für mehr Klimaschutz im Verkehr.

Rund 26.000 Autobahnkilometer gibt es in Deutschland, auf knapp über 70 Prozent davon gibt es nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums aus dem Jahr 2015 kein Tempolimit. Neuere Zahlen mit Stand April 2018 hat das Landesverkehrsministerium für Nordrhein-Westfalen auf Anfrage unserer Redaktion bereitgestellt. Demnach gibt es auf rund 2732 Kilometern der 4440 Autobahn-Kilometer in NRW keine Geschwindigkeitsbegrenzungen - das sind rund 61 Prozent, also weniger als im Bundesdurchschnitt.

Was allerdings ob der dichten Besiedlung in weiten Teile des Landes kaum verwunderlich ist: Die 1708 Kilometer mit Begrenzung verteilen sich auf insgesamt 450 Teilstücke, die besonders das Ruhrgebiet, Köln und Düsseldorf betreffen. Also jene Streckenbereiche, die ohnehin nahezu täglich von kilometerlangen Staus belastet sind. Die längste Strecke mit Tempolimit ist die A40 von Mülheim in Richtung Dortmund, dort gilt auf insgesamt 52 Kilometern Tempo 80.

In der Statistik nicht berücksichtigt sind kurzzeitige Beschränkungen durch Kurzzeit-Baustellen oder Wettergefahren. In diesen Fällen können die Sicherheitsbehörden und der Landesbetrieb Straßen.NRW mittels elektronischer Anzeigen kurzfristig reagieren. Für die Einführung der Tempolimits in NRW sind die drei Bezirksregierungen Arnsberg, Köln und Düsseldorf zuständig. "Anordnungsgründe sind zum Beispiel Lärmschutz, Stau, Trassierung, schadhafte Infrastruktur oder Tunnelsicherheit", sagt eine Sprecherin des Verkehrsministeriums.

Zweifel an Effekt auf Verkehrssicherheit

2018 wurden in Köln zwei Limits für die A1 eingeführt, aus Düsseldorf wurde eine Begrenzung auf Tempo 100 für die A3 am Kreuz Breitscheid veranlasst. Die Bezirksregierung Arnsberg führte außerdem ein Tempolimit für den A2-Abschnitt zwischen Henrichenburg und Dortmund-Mengede ein. Dort herrscht seither Tempo 130.

Verkehrsexperten wie der Duisburger Professor Michael Schreckenberg bezweifeln unterdessen, dass grundsätzliche Tempogrenzen einen Effekt auf die Verkehrssicherheit haben. "Die meisten Unfälle passieren auf Landstraßen, wo es schon heute Tempolimits gibt. Eine umfassende Begrenzung für Autobahnen kann sogar negative Auswirkungen haben", sagte Schreckenberg. "Wer mit 120 auf einer leeren Autobahn unterwegs ist, neigt eher zu Müdigkeit und Ablenkung. Deshalb kann es dort sinnvoll sein, schneller zu fahren." ADAC-Sprecher Thomas Müther sagt: "Frankreich oder Belgien, Länder mit genereller Geschwindigkeitsbeschränkung, schneiden beim Sicherheitsniveau schlechter ab als Deutschland." Die Verkehrsunfallzahlen des Statistischen Bundesamts bestätigen auf den ersten Blick, dass Tempolimits nicht gleichzeitig weniger Unfälle bedeuten.

So gab es 2017 auf NRW-Autobahnen insgesamt 2500 Unfälle mit verletzten Personen auf Abschnitten ohne Begrenzung, demgegenüber stehen 1788 Unfälle auf Abschnitten mit einem Limit. Die Zahlen geben also ein ziemlich genaues Abbild der Tempoverhältnisse wieder. Deutlicher unterscheiden sich die Folgen eines Unfalls im Zusammenhang mit Geschwindigkeit: So starben 2017 insgesamt 52 Personen auf Streckenabschnitten ohne Begrenzung, nur 17 in Bereichen mit Limit.

Eine weitere Reduzierung der limitlosen Strecken planen die Bezirksregierungen für 2019 bislang jedoch nicht. "Solche Anordnungen werden nicht geplant, sondern fallweise situationsbedingt entschieden", heißt es unisono aus allen drei Bezirken. Und weiter: "Solche Anordnungen stellen nicht die Regel dar, sondern sind die Ausnahme." Dabei finden Einschränkungen auf unfallträchtigen Strecken auch die Zustimmung von Tempolimit-Skeptikern wie Verkehrsforscher Schreckenberg : "Grenzen sollten schnellstmöglich überall dort eingeführt werden, wo Gefahrenschwerpunkte festgestellt wurden." Und auch ADAC-Sprecher Thomas Müther sagt: "Auch wir sind nicht grundsätzlich gegen Tempolimits. Streckenbezogene Maßnahmen auf unfallträchtigen Abschnitten halten wir für sinnvoll."

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