Tourismusbranche Die anziehenden Übernachtungszahlen in Bonn und der Region täuschen

Bonn · Die Zahl der Gästeübernachtungen erreicht fast Vor-Corona-Niveau. Aber die Krise dämpft den Optimismus. Das sind die größten Sorgen der Tourismusbranche.

 Die Hotels in der Region verzeichneten von April bis September wieder fast so viele Übernachtungen wie vor der Pandemie.

Die Hotels in der Region verzeichneten von April bis September wieder fast so viele Übernachtungen wie vor der Pandemie.

Foto: Meike Böschemeyer

Die Übernachtungszahlen in der Region im zweiten und dritten Quartal dieses Jahres sind schon fast wieder auf dem Niveau vor der Corona-Pandemie. Dennoch ist der Geschäftsklimaindex in der Tourismusbranche im Vergleich zum Frühjahr insgesamt wieder gesunken, wie der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg, Stephan Wimmers, am Dienstag vor der Presse mitteilte. Als Hauptrisiken nannten die befragten Unternehmen die hohen Energie- und Lebensmittelpreise sowie den Fachkräftemangel.

Zwei Mal im Jahr befragt die IHK das Gast- und Reisegewerbe, also Hotels, Gaststätten, Reisebüros,  Reiseveranstalter, Personenbeförderungsunternehmen und Eventfirmen. Dieses Mal betrug der Geschäftsklimaindex 89 Punkte, im Frühjahr waren es noch 97 Punkte gewesen. Erst bei 100 Punkten halten sich die negativen und positiven Antworten die Waage. Immerhin beurteilten 75 Prozent der Unternehmen ihre Lage als gut oder befriedigend. Schlechter fielen die Erwartungen aus. 40 Prozent sehen nach eigenen Angaben eine Verschlechterung des Geschäfts in den kommenden Monaten. Aber nur sehr wenige Betriebe gaben an, von einer Insolvenz bedroht zu sein – so das Ergebnis der Umfrage, an der 123 Unternehmen teilnahmen.

1,56 Millionen Übernachtungen

Von April bis September verzeichneten die Beherbergungsbetriebe 1,56 Millionen Übernachtungen, wie IHK-Vizepräsidentin Ruth Winterwerp-van den Elzen berichtete. Das waren nur 6,5 Prozent weniger als im vergleichbaren Zeitraum 2019 und 79 Prozent mehr als in den entsprechenden Monaten 2021. „Wir können schon fast von einem Reiseboom sprechen. Es gibt einen anhaltenden Trend zu Kurzreisen“, so Winterwerp-van den Elzen. Da würden dann Städtereisen mit Naherholung verbunden. Weiterhin zaghaft entwickeln sich hingegen Geschäftsreisen, ebenso wie das Kongressgeschäft.

Als „besorgniserregend“ bezeichnete Winterwerp-van den Elzen den Personalmangel, er habe sich von einem Fachkräfte- zum Mitarbeitermangel entwickelt. Dabei gebe es auch Rückkehrer, die die Branche während der Corona-Krise verlassen hätten, nun aber fänden, dass sie doch ganz gern dort arbeiteten. Mit hinein spiele da möglicherweise, dass die Unternehmen im Branchenverband Dehoga seit Mai den Mindestlohn von 12,50 Euro pro Stunde zahlen, die Ausbildungsvergütungen seien ebenfalls angehoben worden, sodass das Gastgewerbe „konkurrenzfähig“ sei. „Und die Löhne werden noch weiter steigen.“

Unzufrieden mit verkleinertem „Rhein in Flammen“

Unzufrieden zeigte sich die IHK-Vize mit den Planungen für „Rhein in Flammen“, da die Großveranstaltung mit Abschlussfeuerwerk im nächsten Jahr im Mai auf Bonn beschränkt sein wird. „Wir sind aber froh, dass es nicht ganz gestorben ist.“ Ein solches Highlight schaffe viele Übernachtungsgäste und sollte deshalb 2024 in bekannter Größe stattfinden, betonte sie. Auf Nachfrage sagte Winterwerp-van den Elzen, dass das 9-Euro-Ticket im Sommer ebenfalls Touristen angezogen habe, deshalb verbinde sie auch positive Erwartungen an das 49-Euro-Ticket. Damit würde nicht nur die Anreise preiswerter, sondern auch die Ausflüge am Ort und in der Umgebung.

Dass wegen Personalmangels und der Energiekrise Hotelzimmer nicht mehr jeden Tag gereinigt würden, hielt sie für vertretbar, der Gast solle das aber entscheiden. Keine gute Idee sei das digitale Einchecken in Hotels. „Die Gäste müssen das Gefühl haben, dass sie auch gut beraten werden. Am Ende des Tages sind wir Gastgeber, ein Computer ersetzt das nicht.“

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