Griechenland-Hilfe auf Raten Athen hält Reformzusagen wieder nicht ein

BRÜSSEL · Erst am Montagmittag war der jüngste Bericht der Troika über Griechenland fertig geworden. Trotz Fortschritten habe Athen die Spar- und Reformvorgaben nicht vollständig erfüllt, urteilten die Vertreter von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds (IWF). Die Konsequenzen folgten am Abend: Nach diesem Urteil lehnten die Finanzminister der Euro-Zone die Freigabe der nächsten Hilfstranche von 4,8 Milliarden Euro ab. Die zuvor genannten 8,1 Milliarden Euro waren korrigiert worden. "Wir haben das Papier so kurzfristig bekommen, dass wir damit nicht arbeiten konnten", sagte Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem zunächst.

 Verhandlungen in Brüssel: IWF-Chef Christine Lagarde im Gespräch mit Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem über die Griechenland-Hilfe.

Verhandlungen in Brüssel: IWF-Chef Christine Lagarde im Gespräch mit Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem über die Griechenland-Hilfe.

Foto: AP

Das war wohl nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich wollte die Mehrheit der Kassenwarte Athens erneute Sünden nicht durchgehen lassen. Um das Land aber auch nicht völlig hängen zu lassen, verständigte man sich auf einen Grundsatzbeschluss. Geld gibt es, aber nur in Raten. Damit steht Griechenland wieder einmal da, wo es schon oft stand: mit dem Rücken zu Wand. Bereits im August werden 2,2 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten fällig.

Das Drama der hellenischen Rettung geht also weiter wie gehabt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte unmissverständlich: "Wir wissen, dass noch nicht alle Probleme gelöst sind." Bei der Privatisierung von staatseigenen Betrieben kommt das Land nicht voran. Die ursprünglich geplanten 12 500 Staatsmitarbeiter, die in eine Beschäftigungsreserve überführt werden sollen, um 2014 dann endgültig entlassen zu werden, falls es keine neue Perspektive für sie gibt, hat man auch noch nicht zusammen. Und auch die 4000 Kündigungen, die längst hatten ausgesprochen werden sollen, gibt es noch nicht.

Dass Athen überhaupt Geld bekommen soll, hat wieder einmal mit Versprechen beispielsweise für Korrekturen am Steuersystem zu tun, die die Regierung von Andonis Samaras bei den Verhandlungen am Wochenende erneut zugesagt hat. Das große Ziel, 2014 endlich wieder auf eigenen Füßen zu stehen, rückt in weite Ferne. Bislang konnte die Staatsverschuldung auf gerade mal 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts abgebaut werden. Die Wirtschaft wird im kommenden Jahr um ein Viertel im vergleich zu 2009 eingebrochen sein. Zwar sinken die Staatsausgaben, die Steuereinnahmen aber auch - von 88,6 Milliarden 2010 auf 86,6 Milliarden im Vorjahr. Dabei ist Griechenland derzeit nicht einmal das Hauptsorgenkind der Finanzmärkte. Nachdem sich die portugiesische Regierungskrise gelegt und die vor lauter Angst ins Bodenlose gefallenen Kurse erholt haben, rückt ein ganz anderes Thema in den Vordergrund: die Überschuldung der Banken.

Schon seit Wochen kursieren in Brüssel dramatische Zahlen über die dünne Eigenkapitaldecke, mit denen auch führende Geldinstitute seit Jahren wirtschaften. Ob die Schweizer UBS (10,1 Prozent, Zahlen jeweils Anteil des Eigenkapitals am gewichteten Vermögen auf der Grundlage der Basel-III-Bestimmungen), Deutsche Bank (9,6 Prozent) oder Bank of America (9,5 Prozent) - zahlreiche Geldinstitute warten mit Eigenkapitalquoten auf, mit denen jedes andere Unternehmen längst in Konkurs hätte gehen müssen.

Während der Euro-Raum und die EU eine Regelung nach der anderen zur Erhöhung der Eigenmittelquote, für mehr Reserven und einen Risiko-Fonds verabschieden, setzen - so fürchten Experten - die Banker immer noch darauf, dass im Krisenfall eben doch der Steuerzahler wieder einspringen werde, weil er einspringen müsse.

Bisher haben die Finanzminister sich des Themas noch nicht angenommen, weil es wohl erst richtig auffliegt, wenn die gemeinsame europäische Bankenaufsicht 2014 installiert wird. Und wenn Griechenland und seine Banken durchhalten. Das scheint vielen Experten nämlich das weitaus größere Risiko zu sein.

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