DGB-Ausbildungsreport Azubis in Handel und Hotels oft unzufrieden

Berlin · Zu viele Überstunden, keine Anleitung: Viele der vom DGB befragten Auszubildenden beurteilen die Qualität ihrer Lehre kritisch.

 Auszubildende aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe bewerten die Lehre in ihren Betrieben laut Report oft als mangelhaft.

Auszubildende aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe bewerten die Lehre in ihren Betrieben laut Report oft als mangelhaft.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Viele Branchen haben weiter mit einem Mangel an Fachkräften zu kämpfen. Gleichzeitig wurde noch nie so wenig ausgebildet: Nicht einmal jedes fünfte Unternehmen bietet in Deutschland noch Ausbildungsplätze an. Das geht aus dem jüngsten Ausbildungsreport des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hervor. Doch: „Wer Fachkräfte will, muss gut ausbilden“, betonte DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker bei der Vorstellung des Berichts am Mittwoch in Berlin. Genau da liege aber das Problem: Der DGB bemängelt die Qualität der Ausbildung und Berufsorientierung.

Insgesamt wurden für den Report mehr als 14 000 junge Menschen aus den 25 beliebtesten Ausbildungsberufen befragt. Von ihnen gaben 73,3 Prozent an, mit der Ausbildung „grundsätzlich zufrieden“ zu sein – der höchste seit 2009 dokumentierte Wert. Am besten bewerteten die angehenden Industriemechaniker, Mechatroniker und Verwaltungsfachangestellten die Qualität ihrer Ausbildung. Auch künftige Elektroniker für Betriebstechnik sowie Fachinformatiker zeigten sich zufrieden.

Schlechteste Bewertungen im Hotel- und Gaststättengewerbe

Im Laufe der Ausbildung nimmt die Begeisterung jedoch ab: Nur 54,4 Prozent der Befragten im dritten Ausbildungsjahr würden demnach den eigenen Betrieb weiterempfehlen. Berufe aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe sowie dem Einzelhandel erhielten die schlechtesten Bewertungen. Doch auch zahnmedizinische Fachangestellte und Friseure kritisierten ihre Betriebe besonders häufig. Vor allem in weiblich dominierten Berufen sind die Bedingungen dem Report zufolge schlechter – und die Auszubildenden unzufriedener.

Ein Grund dafür ist die mangelnde Erholung und viel Mehrarbeit. Knapp ein Drittel der Befragten muss nach eigenen Angaben regelmäßig Überstunden machen. Die Zahl der minderjährigen Auszubildenden, die entgegen der gesetzlichen Regelung mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten, ist hingegen von zehn Prozent im Jahr 2020 auf 6,6 Prozent gesunken. Dennoch betonte Becker: „Jeder Verstoß gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz ist einer zu viel.“ Doch auch die fachliche Anleitung wird oft als mangelhaft empfunden: 13,2 Prozent gaben an, die Arbeitsvorgänge nicht zufriedenstellend erklärt zu bekommen. Mehr als jeder dritte Auszubildende (34,5 Prozent) vermisst sogar einen Ausbildungsplan – obwohl dieser gesetzlich vorgeschrieben ist.

Die Probleme beginnen laut Report jedoch schon vor dem Ausbildungsbeginn. Mehr als sieben von zehn Auszubildenden (72,2 Prozent) gaben an, dass ihnen die Angebote der Berufsorientierung in den Schulen nur wenig bei der Berufsentscheidung geholfen hätten.

Und auch die Berufsberatung der Agentur für Arbeit, die von 29 Prozent der Befragten genutzt wurde, haben nur sechs von zehn Auszubildenden als hilfreich empfunden. „Die Jugendberufsagenturen müssen mit ihrer Arbeit sichtbarer werden und noch enger als bisher mit den Schulen zusammenarbeiten“, forderte Becker.

DGB-Vorsitzende Elke Hannack sieht darin ein verschwendetes Potenzial: Mehr als 220 000 Jugendliche würden jedes Jahr in den sogenannten Übergangsmaßnahmen zwischen Schule und Ausbildung feststecken. Sie forderte die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertrag angekündigte Ausbildungsgarantie einzuführen – mit Anreizen für die Unternehmen, um wieder mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. Und um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken: „Gerade weil noch nicht absehbar ist, welche Folgen Krieg, Inflation und gestörte Lieferketten in den nächsten Monaten und Jahren haben werden, gilt es jetzt zu handeln“, sagte Becker.

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