Chaos an deutschen Flughäfen Lange Schlangen und herrenlose Koffer

Bonn · Eine Folge der Flughafen-Überlastungen sind größere Gepäckanhäufungen – aber auch lange Wartschlangen vor Sicherheitskontrollen. Ein Hauptgrund ist der Personalmangel durch die Pandemie.

 Hamburg: Zahlreiche Koffer liegen in der Gepäckausgabe, weil Passagiere sie nicht in den Anschlussflieger mitnehmen konnten.

Hamburg: Zahlreiche Koffer liegen in der Gepäckausgabe, weil Passagiere sie nicht in den Anschlussflieger mitnehmen konnten.

Foto: dpa/Jonas Walzberg

Rekordverdächtig lange Warteschlangen vor Sicherheitskontrollen, in denen man stundenlang steht, haufenweise annullierte Flüge und nun auch das noch: In Düsseldorf kam es am Wochenende zu größeren Ansammlungen herrenloser Koffer. Diverse Gründe stehen dahinter, unter anderem der Personalmangel in der Gepäckabfertigung, wie ein Mitarbeiter im Gespräch mit der Rheinischen Post sagte. Wie auch in der Branche der Sicherheitsdienstleister fehlt es aktuell massiv an Personal an deutschen Flughäfen.

Dieses war zuvor abgewandert. Die Pandemie und die damit verbundenen Unsicherheiten im Flugverkehr waren Grund für viele Mitarbeiter, der Branche den Rücken zu kehren. Der wohl wichtigste Grund in diesem Fall: Am Düsseldorfer Flughafen gab es Störungen in der Technik der Gepäckförderanlage. Mehr als 1000 Gepäckstücke blieben somit liegen, mehrere Hundert Passagiere mussten vorerst ohne Koffer nach Hause reisen. Ähnliche Fälle haben Passagiere in den vergangenen Tagen am Frankfurter und Kölner Flughäfen beobachtet: Eine Passagierin sah beim Aussteigen in Köln/Bonn, dass die Koffer sich neben dem Lost&Found-Bereich stapelten.

Die Beförderung des Gepäcks liegt im Zuständigkeitsbereich der Airlines. Von den größten in Deutschland antwortete der Großteil dem General-Anzeiger auf Anfrage nicht, mit Ausnahme von Eurowings und TUI. Eine Sprecherin der Düsseldorfer Lufthansa-Tochter Eurowings sprach von einer allmählichen Entspannung der Lage. „Zahlreiche Engpässe“ seien aber gerade überall in der Luftfahrt gegeben, da der Branche durch Corona etwa 150 000 Mitarbeiter fehlten. Probleme wie die bei der Gepäckförderung in Düsseldorf oder den langen Schlangen vor den Sicherheitskontrollen seien direkte Folgen. Aber: „Zum Ausklang des ersten großen Ferien-Wochenendes hat sich die Lage an deutschen Flughäfen sichtbar stabilisiert. Trotz einer Rekordzahl an Gästen wird die Lage in Düsseldorf und Köln/Bonn, aber auch in Stuttgart und Hamburg zurzeit als relativ ruhig und kontrolliert beschrieben“, so die Sprecherin. Es sei deshalb zu keinen tagesaktuellen Streichungen gekommen. Diesen Trend hält Eurowings für anhaltend. TUI antwortete dem General-Anzeiger, es seien keine „Kofferberge“ bekannt, die an den fünf deutschen angeflogenen Häfen durch die Airline entstanden sein könnten. Alle Koffer, die durch Verspätungen nicht zu ihrem Besitzer gelangt sind, würden an diesen versendet. Dasselbe sagte auch ein Sprecher des Frankfurter Airports. Die Kosten trage in solchen Fällen die jeweilige Fluglinie. In Frankfurt will man keine Zahlen nennen, kann aber bestätigen, dass es in den vergangenen Tagen zu einem erhöhten Aufkommen nicht abgeholter Gepäckstücke gekommen ist. Das passiere während der gewohnten Spitzenzeiten, wie aktuell dem Ferienbeginn. „Wir können nicht von Kofferbergen sprechen, aber die Lage ist ganz schön angespannt“, so der Sprecher.

Auch der Münchner Flughafen hält sich mit konkreten Aussagen bedeckt, lässt aber durchscheinen, dass es aktuell in der bayrischen Metropole zu Kofferansammlungen kommt. „Das geschieht aus unterschiedlichen Gründen, zum Beispiel wegen Annullierungen oder weil beim Umsteigen ein Koffer nicht schnell genug ausgegeben wird. Da hier in München am Freitag 40 Flüge annulliert wurden, war da definitiv mehr los als sonst“, so ein Flughafen-Sprecher.

Am Airport Berlin-Brandenburg hat das Gepäckaufkommen ebenfalls zugenommen. Pressesprecherin Sabine Deckwerth sagt, dass dort 300 Koffer täglich ohne Besitzer aufgefunden würden. Davon seien die meisten bei Anschlussflügen nicht rechtzeitig da gewesen, sodass sie von der jeweils zuständigen Airline möglichst mit dem Folgeflug nachgesendet würden. „Das hatten wir hier vorher so nicht“ sagt sie mit Blick auf die Pandemie. Wie lange es dauere, bis die Passagiere ihr Gepäck zurückerhielten, sei von der Dauer des jeweiligen Flugs abhängig.

Lange Warteschlangen vor Sicherheitschecks

Auch lange Warteschlangen vor Sicherheitschecks sind in Berlin bekannt. Anders als in Köln/Bonn, wo diese am Wochenende zu dreistündigen Wartezeiten führten, warte man hier etwa eine Stunde.

Securitas, ein großer Sicherheitsdienstleister, der im Auftrag der Bundespolizei auch in Köln/Bonn für die Kontrollen zuständig ist, antwortete auf GA-Anfrage, man habe bereits alle Personalreserven aktiviert und rekrutiere händeringend neue Mitarbeiter. Bis diese allerdings an den Flughäfen anfangen zu arbeiten, gehen Monate ins Land. Deckwerth: „Das sind richtig harte Jobs an den Sicherheitskontrollen. Ich würde das nicht machen wollen.“ mit dpa

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