Studien Deutscher Mittelstand bleibt krisenanfällig

DÜSSELDORF · Deutsche Firmen betreiben häufig nicht genug Risikovorsorge für die Zukunft. Nach einer neuen Tüv-Studie kümmern sich vor allem kleine Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern zu wenig um die rechtzeitige Sicherung von qualifizierten Fachkräften, Nachfolge-Regelungen und den IT-Datenschutz.

 Die Funken sprühen: Der deutsche Mittelstand ist zwei gestern unabhängig voneinander veröffentlichten Studien zufolge wackeliger auf den Beinen als bisher vermutet.

Die Funken sprühen: Der deutsche Mittelstand ist zwei gestern unabhängig voneinander veröffentlichten Studien zufolge wackeliger auf den Beinen als bisher vermutet.

Foto: dpa

Ohne kalkulierbare Risiken verweigerten Banken aber später oft neue Kredite, warnte der Leiter der Tüv-Studie, Stefan Poppelreuter.

Jeder vierte mittelständische Betrieb sieht laut Umfrage überhaupt keine Risiken für seinen Betrieb. "Mancher deutsche Mittelständler erinnert an einen Fahranfänger - geringe Risikosensibilität bei gleichzeitig hoher Risikobereitschaft. Um nicht aus der Kurve zu fliegen, ist ein begleitendes Risikomanagement dringend zu empfehlen", sagte Poppelreuter in Düsseldorf. Knapp jeder dritte Firmenchef sieht die größten Risiken für die Zukunft seines Unternehmens im verschärften Wettbewerb. 22 Prozent sehen Risiken im Fachkräftemangel, 17 Prozent in steuerlichen Auflagen und 13 Prozent in zu strengen Gesetzen. Nur 4,3 Prozent sorgen sich um die Datensicherheit.

Gabriele Rauße, Geschäftsführerin beim Tüv Rheinland, warnte, dass falsch eingeschätzte Risiken die Existenz von Unternehmen gefährden. Wer Mitarbeiter mit Laptops voller Entwicklungsdaten durch die Welt reisen lasse oder überall USB-Zugänge an Computern ermögliche, riskiere, dass Firmendaten abgegriffen würden, sagte Rauße. Laut repräsentativer Studie erhöht sich mit wachsender Größe des Unternehmens die Sensibilität für Risiken. In kleinen Firmen binde häufig der tägliche Kampf "ums nackte Überleben" die Unternehmensleitung.

Die Konjunkturflaute im Euroraum hat nach einer KfW-Umfrage das Wachstum des deutschen Mittelstands gebremst. Die kleinen und mittleren Unternehmen seien zwar vergleichsweise gut durch die Krisen der letzten Jahre gekommen, sagte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner bei der Präsentation einer repräsentativen Umfrage unter Mittelständlern gestern in Frankfurt. Dies habe aber Kraft gekostet: "Besonders die Entwicklung von Profitabilität und Eigenkapitalausstattung bei den Kleinen gibt Anlass zur Sorge." Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, seien Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wahrscheinlich. Für 2014 und 2015 erwarteten die meisten Mittelständler keine Verbesserung ihrer Lage.

Nach den Zahlen haben die kleinen und mittleren Unternehmen ihren Umsatz im vergangenen Jahr zwar um 2,4 Prozent erhöht. Im Vorjahr lag dieser Wert jedoch noch bei 8,4 Prozent, wie Experten der staatseigenen Förderbank hervorhoben. Zudem nahm zwar die Zahl der Vollzeitbeschäftigten um zwei Prozent zu. Da gleichzeitig die Teilzeitbeschäftigung um 15 Prozent abgebaut wurde, nahm erstmals seit sechs Jahren die Zahl der Erwerbstätigen im Mittelstand ab - wenn auch nur leicht um 0,3 Prozent auf 28,1 Millionen. "Der Jobmotor Mittelstand beginnt zu stottern, der Beschäftigungsaufbau 2012 wurde nicht mehr vom Mittelstand mitgetragen", sagte Zeuner. Der Zuwachs an Erwerbstätigen 2012 von rund 500 000 Menschen sei vollständig auf Großunternehmen und den öffentlichen Sektor entfallen. ga/dpa

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