Interview mit NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart setzt auf Digitalisierung in kleinen und mittleren Betrieben

Seit 2017 fördert das Land NRW kleine und mittlere Unternehmen, damit sie sich mit der Digitalisierung auseinandersetzen. Sie können so leichter eine mögliche Unterstützung durch Digitalisierung für ihre Geschäftsprozesse ausloten oder auch ganz neue Geschäftsmodelle entwickeln. Über die Fördermöglichkeiten sprach Ralf Arenz mit NRW- Wirtschafts- und Digitalminister Andreas Pinkwart (FDP).

Digitalisierung für den Mittelstand: NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart.

Digitalisierung für den Mittelstand: NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart.

Foto: dpa/Oliver Berg

"Mittelstand.Innovativ!" heißt ein Förderprogramm in NRW. Was unterstützen Sie damit?

Andreas Pinkwart: Das Programm bietet Unterstützung bei der Digitalisierungs- oder Innovationsberatung mit Hilfe von Gutscheinen sowie Digitalisierungs- und Innovationsassistenten zur Umsetzung. Die Gutscheine unterstützen als Kofinanzierung Beratungen auf dem Feld der Digitalisierung bis zu einer Höhe von 70 Prozent. So können Unternehmen ihre Prozesse in den Blick nehmen und sehen, was sie verbessern können oder ob sie möglicherweise sogar ihr Geschäftsmodell überarbeiten müssen. Die Assistenten helfen später bei der Umsetzung von Maßnahmen. Für notwendige Investitionen stehen Unternehmen seit September 2018 vergünstigte Digitalisierungskredite der NRW.Bank zur Verfügung, die sie über ihre Hausbanken für digitale Produktionsprozesse, neue Produkte oder die Umsetzung einer digitalen Strategie abrufen können.

Wie wird die Förderung nachgefragt?

Pinkwart: Sehr stark. Das zeigt uns, dass das Thema Digitalisierung mittlerweile auch bei den kleinen und mittleren Unternehmen voll angekommen ist. 2017 hatte unsere Förderung über Gutscheine und Assistenten noch ein Volumen von 3,2 Millionen Euro. 2018 hat sich das Fördervolumen auf 9,7 Millionen Euro verdreifacht. Insgesamt werden wohl 1500 Gutscheine im Volumen von 20,9 Millionen Euro bis Ende des Jahres ausgegeben. Das ist ein Rekord. 100 Assistenten unterstützen die Unternehmen. Entsprechend erfolgreich entwickelt sich der Digitalisierungskredit. Im ersten Jahr seit Bestehen konnten wir fast 400 Unternehmen mit einem Finanzierungsvolumen von weit über 100 Millionen Euro bei ihrer Digitalisierung unterstützen. Zurzeit liegt der Zinssatz für Unternehmen der besten Bonitätsklasse bei null Prozent - meines Wissens ein einzigartiges Angebot in Deutschland.

Wie lange reicht das Geld noch?

Pinkwart: Im laufenden Jahr waren die Haushaltsmittel schon bis zur Jahresmitte verausgabt, so dass wir noch einmal nachlegen mussten. Das zeigt, unsere Maßnahme hat ihr wichtigstes Ziel erreicht: Das Thema "Digitalisierung" breit bei kleinen und mittleren Unternehmen ins Bewusstsein zu bringen. Wir haben die Mittel jetzt für dieses Jahr noch einmal verdoppelt, um die bereits vorliegenden Anträge auf Gutscheine und Assistenten in den kommenden Monaten noch positiv bescheiden zu können. Wir wollen dann bis Ende des Jahres das Programm evaluieren und planen anschließend eine Fortführung mit einer noch stärkeren Fokussierung. Dabei werden wir uns auf Projekte konzentrieren, die den größten Schub in Richtung Digitalisierung bedeuten. Themen wie Big Data und künstliche Intelligenz (KI) sind dabei für mich quasi gesetzt.

Warum haben Sie dem Handwerk bei der Digitalisierungsinitiative eine zentrale Rolle zugemessen?

Pinkwart: Für das Handwerk bietet die Digitalisierung große Chancen in Richtung einer individualisierten Industrialisierung mit der Losgröße Eins. Das Handwerk kann computerunterstützt planen und es mit entsprechendem Gerät, etwa auf einer digitalen Fräse oder einem 3-D-Drucker, gleich umsetzen. In der Werkstatt entstehen so fast schon industriell vorgefertigte Teile, die später montiert werden. Das erhöht die Produktivität enorm. Bei einem Bäcker wurde etwa mit Künstlicher Intelligenz ermittelt, wie viel Backwaren er an welchen Tagen in welchen Filialen verkaufen kann. So lässt sich eine Überproduktion vermeiden.

Thema Künstlicher Intelligenz. Hier gibt es ein Kompetenzzentrum in Sankt Augustin. Was leistet das?

Pinkwart: Wir haben ein großes Angebot an Forschung in Nordrhein-Westfalen auf diesem Feld. Das wollen wir mit Hilfe des Netzwerks sichtbar machen und den Unternehmen so den Zugang erleichtern. Es geht auch um den verantwortlichen Umgang mit Künstlicher Intelligenz, also mit lernenden Maschinen. Nicht alle Daten nützen etwa Unternehmen und Kunden. Wir wollen sehen, welche Daten wirklich relevant sind, welche Schlussfolgerungen sich aus ihnen ziehen lassen, und wir wollen sehen, ob das auch ethisch zu verantworten ist. Dieses Kompetenzzentrum im Fraunhofer Institut in Sankt Augustin unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Wrobel ist bereits am Start und wird in den kommenden Monaten weiter ausgerollt. Es geht um Künstliche Intelligenz etwa in der Versicherungswirtschaft, bei der Gesundheit oder dem autonomen Fahren.

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