Kabinett gibt grünes Licht Fragen und Antworten zum Entlastungspaket

Berlin · Schon vor Ausbruch des russischen Krieges in der Ukraine waren die Energiepreise hoch, seitdem steigen die Kosten auch für Mobilität und Lebenshaltung weiter an. Am Mittwoch hat das Kabinett die Ende März vereinbarten Entlastungen verabschiedet, jetzt beginnt das Verfahren im Parlament. Ein Überblick über Pläne und Zeiträume.

 Eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro soll die gestiegenen Kosten abfedern.

Eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro soll die gestiegenen Kosten abfedern.

Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das von langer Hand geplante Entlastungspaket beschlossen. Die Maßnahmen sollen die stark gestiegenen Energiepreise abfedern und Erwerbstätige, Familien sowie Sozialleistungsempfänger entlasten. Auch Vergünstigungen im Bereich Mobilität sind geplant.

Wie sollen hohe Energiepreise abgefedert werden?

Geplant ist eine sogenannte Energiepreispauschale. Alle Erwerbstätigen in den Steuerklassen 1-5 sollen einmalig 300 Euro brutto bekommen. Der Zuschuss soll vom Arbeitgeber über die Lohnabrechnung ausgezahlt werden, bei Selbstständigen wird die Einkommenssteuer-Vorauszahlung entsprechend gesenkt. „Mit unseren Entlastungsmaßnahmen werden die Menschen spürbar mehr Geld im Portemonnaie haben“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr unserer Redaktion. Die Vizevorsitzende der SPD-Fraktion, Dagmar Schmidt, sagte, mit dem Entlastungspaket würden vor allem Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen „spürbar entlastet“ werden. Von Sozialverbänden und Ökonomen wird kritisiert, dass Rentner bei der Energiepreispauschale nicht bedacht werden. Die Ampel-Parteien verweisen stattdessen auf die bevorstehende Rentenerhöhung.

Wie werden Autofahrer entlastet?

Um die gestiegenen Sprit- und Dieselpreise auszugleichen, werden die Energiesteuern auf Kraftstoffe „auf das europäische Mindestmaß“ gesenkt – also so weit, wie es gemäß EU-Richtlinien zulässig ist. Damit wird eine Steuerentlastung von rund 30 Cent pro Liter Benzin und von 14 Cent pro Liter Diesel erreicht. Diese Senkung ist befristet für drei Monate und greift ab Anfang Juni. Vor allem die FDP legte darauf großen Wert. „Besonders wichtig ist uns die Senkung der Energiesteuer auf Benzin und Diesel sowie die Energiepauschale in Höhe von 300 Euro. Damit unterstützen wir gezielt die arbeitende Mitte, Pendler und Menschen aus finanziell schwächeren Verhältnissen“, sagte der FDP-Fraktionschef.

Was ist mit Bus- und Bahnfahrern?

Im Nah- und Regionalverkehr werden Monatstickets begrenzt für drei Monate für neun Euro angeboten. Auch diese Maßnahme soll ab Anfang Juni bis Ende August greifen. Die SPD stellte dies auch als Absicherungsmaßnahme dar. „Um die Mobilität zu sichern, senken wir die Energiesteuer auf Kraftstoffe um 30 Cent und bieten allen ein ÖPNV-Ticket für 90 Tage für neun Euro pro Monat an“, sagte SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt unserer Redaktion. Strittig war bis zuletzt die Finanzierung des sogenannten „9 für 90“-Tickets. Der Bund will den Ländern dafür nun 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, doch das Geld dürfte nicht ausreichen. Noch haben die Länder den Hebel in der Hand, das Projekt im Bundestag scheitern zu lassen.

Welche weiteren sozialen Entlastungen sind geplant?

Um Familien zu unterstützen, soll es auf das Kindergeld einen einmaligen Aufschlag von 100 Euro pro Kind geben. Der Bonus soll im Sommer automatisch über die Familienkasse ausgezahlt werden, ohne extra beantragt werden zu müssen. Zum zeitlichen Ablauf sagte FDP-Fraktionschef Dürr: „Wir rechnen damit, dass die Entlastungen ab Juni greifen – davon profitieren dann auch besonders Familien mit Kindern, die in den Sommerurlaub fahren wollen.“ Die SPD-Fraktion will sich dafür einsetzen, dass das Entlastungspaket schnell Wirkung zeigt. „Wir werden im parlamentarischen Verfahren Wert darauf legen, dass die beschlossenen Entlastungen zeitnah und direkt bei allen Bürgern ankommen“, sagte Fraktionsvize Schmidt. Für Empfänger von Sozialleistungen soll es ebenfalls eine Einmalzahlung von 100 Euro geben. Sie wird zusätzlich zum ersten 100-Euro-Zuschuss aus dem ersten Entlastungspaket ausgezahlt.

Wie finanziert die Bundesregierung das Entlastungspaket?

Aus neuen Schulden. Dazu hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) dem Kabinett am Mittwoch einen Ergänzungshaushalt im Umfang von 39,2 Milliarden Euro vorgelegt. Davon entfallen rund 17 Milliarden Euro auf die Entlastungen. Die Energiepreispauschale allein wird den Staat laut Entwurf etwa 10,4 Milliarden Euro kosten. Zwar summieren sich die Auszahlungen auf 13,8 Milliarden Euro, der Staat nimmt aber auch 3,4 Milliarden mehr Lohn- und Einkommensteuer sowie Solidaritätszuschlag ein. Für den Kinderbonus sind in diesem Jahr Kosten von fast neun Milliarden Euro eingeplant. Auch diese werden in den Folgej ahren zu etwas mehr Steuereinnahmen führen. Durch die vorübergehende Steuersenkung beim Sprit entgehen dem Bund nach Rechnung des Finanzministeriums Steuereinnahmen von rund 3,15 Milliarden Euro. Insgesamt steigt das Defizit des Bundes im laufenden Jahr auf 138,9 Milliarden Euro.

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