Ökostrom-Umlage EU prüft Rabatte

BRÜSSEL · Die Brüsseler Wettbewerbshüter sind nicht einverstanden mit der Förderung von Wind- und Solarstrom durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Deutschland. Im Herbst droht ein Verfahren wegen Verletzung der Binnenmarkt-Regeln, wenn Berlin das Thema nicht entschärft.

 Deutschlands Verbraucher finanzieren über die EEG-Umlage den Vorrang für Wind-, Sonnen- und Biomassestrom. Die Ausnahmen zugunsten der deutschen Industrie sind Brüssel ein Dorn im Auge.

Deutschlands Verbraucher finanzieren über die EEG-Umlage den Vorrang für Wind-, Sonnen- und Biomassestrom. Die Ausnahmen zugunsten der deutschen Industrie sind Brüssel ein Dorn im Auge.

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Was geht es Brüssel an, wie Deutschland die Erneuerbaren Energien fördert?

  • Die EU-Staaten sind grundsätzlich frei, ihren "Energie-Mix" zu bestimmen, also zu entscheiden, wie viel sie selbst produzieren, was sie importieren und welche Anteile die verschiedenen Energieträger dabei haben sollen. Lediglich für die Erneuerbaren gilt die Vorgabe, dass bis 2020 ein Fünftel des Endverbrauchs daraus bestritten werden soll. Die EU-Kommission ist aber quer durch alle Wirtschaftsbereiche dafür verantwortlich, dass im Binnenmarkt der Wettbewerb nicht verzerrt wird. Dazu zählt die Überwachung staatlicher Beihilfen.

Warum geht die Kommission gegen das deutsche System vor?

  • Bei Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia ging schon vor Monaten eine Beschwerde des Bundes der Energieverbraucher ein. Die Organisation machte geltend, die Befreiung stromintensiver Betriebe von der EEG-Umlage und Netzentgelten sei eine Beihilfe, die gegen Europarecht verstoße. Weil die Preise für Industriestrom in Deutschland seit 2007 gesunken seien, gebe es keinen Wettbewerbsnachteil für die deutschen Betriebe, der ausgeglichen werden müsse. Die ungerechtfertigte Ausnahme habe die Umlage um 1,8 Cent pro Kilowatt in die Höhe getrieben, zulasten der Verbraucher und nicht befreiter Unternehmen. Die Kommission leitete daraufhin eine Vorprüfung ein.

Was hat Almunia im Visier?

  • Almunias Sprecher bestätigt, dass sich die Untersuchung vor allem auf die EEG-Umlage richte. Von der sind mittlerweile über 2000 Betriebe mit hohem Energieverbrauch befreit, aber auch Stadtwerke und Golfplätze. Insgesamt sparen die entlasteten Unternehmen dieses Jahr vier Milliarden Euro Stromkosten. Die Umlage beträgt derzeit 5,3 Cent pro Kilowattstunde, Tendenz steigend.

Wird die Kommission eine Nachzahlung der erlassenen Umlage-Beträge fordern?

  • Die Kommission will sich nicht äußern, weil sie noch keine Entscheidung getroffen habe. Prinzipiell müssen unrechtmäßig gezahlte Beihilfen erstattet werden. In diesem Fall fließt freilich gar kein Staatsgeld. Die Betriebe werden lediglich von einer ansonsten zu zahlenden Abgabe entlastet - da fragt sich, ob überhaupt "Beihilfe" vorliegt. Genau das verneinte das EU-Gericht 2001 für den EEG-Vorläufer Stromeinspeisegesetz. Unter diesen Umständen sei es wahrscheinlich, "dass die einen Deal hinkriegen", vermutet der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange. Alles andere hätte gravierende Folgen, vor allem etwa für die Stahlbranche, aber auch für das Transportwesen. So rechnet die Deutsche Bahn für den Fall des Falles mit 500 Millionen Euro Nachzahlungen.

Welche Möglichkeiten hat Deutschland, ein Verfahren abzuwenden?

  • Berlin gibt sich gelassen und setzt offenbar darauf, dass die EU-Kommission kein Interesse hat, vor der Bundestagswahl der Regierung Merkel Scherereien zu machen. Die hat ihre Absicht bekundet, das EEG zu überarbeiten, was aber derzeit nicht möglich sei, weil die Opposition im Bundesrat blockiere. So demonstrieren die Berliner Gelassenheit.
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