EU und USA starten Verhandlungen über weltgrößte Freihandelszone

Enniskillen · Transatlantisches Mammut-Projekt für mehr Wohlstand und Arbeitsplätze: Die Europäische Union und die USA beginnen Verhandlungen über die größte Freihandelszone der Welt.

 Auch beim Besuch des amerikanischen Präsidenten Obama in Deutschland soll es um das Freihandelsabkommen gehen. Foto: Jesco Dezel/Archiv

Auch beim Besuch des amerikanischen Präsidenten Obama in Deutschland soll es um das Freihandelsabkommen gehen. Foto: Jesco Dezel/Archiv

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Die erste Gesprächsrunde könne bereits im Juli starten, kündigte die EU-Spitze am Montag am Rande des G8-Gipfels in Nordirland an. Der Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen soll vor allem für mehr Wachstum und Arbeitsplätze sorgen. Die Freihandelszone wäre mit 800 Millionen Einwohnern so groß wie keine andere auf der Welt.

"Vor zwei Jahren hätte kaum jemand gewettet, dass die USA und Europa in der Lage sein werden, diese transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) in Angriff zu nehmen", sagte EU-Kommissionschef José Manuel Barroso.

Laut EU-Berechnungen könnte ein Freihandelsabkommen für die EU einen Anstieg der Wirtschaftsleistung um 120 Milliarden Euro pro Jahr und 400 000 neue Arbeitsplätze bedeuten. Jeder einzelne Haushalt profitierte damit in Höhe von 545 Euro pro Jahr.

Die EU und die USA stehen gemeinsam für fast die Hälfte der weltweiten Wirtschaftsleistung. Rund ein Drittel der globalen Handelsströme entfallen allein auf sie.

Jeden Tag werden etwa zwei Milliarden Euro in Gütern und Dienstleistungen zwischen beiden Seiten ausgetauscht. Unterschiedliche technische Normen, Sicherheitsstandards oder Wettbewerbsvorschriften schränken den Handel jedoch ein.

Wann das geplante Freihandelsabkommen steht, ist noch unklar. "Ich kann nicht genau sagen, wie lange die Verhandlungen dauern werden", räumte Barroso ein und sprach von einigen Jahren. Ursprünglich war von 2015 die Rede gewesen.

Der Weg für die bilateralen Gespräche war erst in der Nacht zum Samstag freigemacht worden. Die zuständigen EU-Minister beschlossen nach längerem Streit eine gemeinsame Verhandlungsbasis mit den USA.

Frankreich setzte sich dabei mit der Forderung durch, Film, Musik und andere Medien aus den Verhandlungen zunächst auszuschließen. Paris fürchtet, dass seine Kulturindustrie Nachteile etwa gegenüber Hollywood in Kauf nehmen müsste, wenn beim Abschluss eines Freihandelsabkommens Subventionen wegfallen.

"Damit wurden rote Linien gezogen, die die Atmosphäre unnötig belasten und zu Gegenforderungen führen könnten", kommentierte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) und sprach von einem Wermutstopfen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gehört seit langem zu den großen Befürworterinnen der Verhandlungen. "Unsere Erfahrungen sind, dass überall dort, wo wir solche Abkommen haben, Wachstum entsteht, Handel und Wandel beflügelt werden", sagte sie in ihrer jüngsten Videobotschaft.

Schwierige Verhandlungen werden in den Bereichen erwartet, wo die auf unterschiedlichen Vorschriften und Gesetzen beruhenden Handelshemmnisse beseitigt werden sollen. Deren Wirkung ist in vielen Fällen so groß wie Zölle zwischen 10 und 20 Prozent.

Strittig zwischen den USA und der EU ist insbesondere der Agrarbereich, wo auch die Regeln für die Einfuhr von gentechnisch veränderten Futter- oder Lebensmitteln vereinheitlicht werden müssten.

Nach einer von der Bertelsmann Stiftung in Auftrag gegebenen Studie würden von einem umfassenden Freihandelsabkommen vor allem die USA profitieren. Dort würden 1,1 Millionen Arbeitsplätze entstehen, das Pro-Kopf-Einkommen stiege um gut 13 Prozent, heißt es in der Untersuchung des ifo-Instituts. In den 27 EU-Mitgliedsstaaten könnte das reale Pro-Kopf-Einkommen lediglich um durchschnittlich fünf Prozent höher ausfallen. Deutschland (4,7 Prozent) würde etwas weniger profitieren.

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