Kommentar zu den Arbeitsbedingungen von Erntehelfern Genau hinschauen

Meinung · Nach den Berichten über die fragwürdigen Arbeitsbedingungen in Schlachtbetrieben, rücken nun auch die Spargel- und Erdbeerbauern wieder in den Vordergrund. Alle Beteiligten müssten sich um Lösungen bemühen, schreibt Wolfgang Mulke in seinem Kommentar.

Ein Erntehelfer zeigt auf einem Feld eine Kiste frisch geernteten Spargel.

Ein Erntehelfer zeigt auf einem Feld eine Kiste frisch geernteten Spargel.

Foto: dpa/Bernd Wüstneck

Immer wieder werden unhaltbare Zustände in der Lebensmittelproduktion bekannt. Zuletzt sorgten die Schlachtbetriebe im Corona-Jahr 2020 für negative Schlagzeilen. Nun sind es Spargel- und Erdbeerbauern, denen die Ausbeutung von Erntehelfern vorgeworfen wird. Es sind stets die Schwächsten in der gesamten Produktionskette, die den Preis für billige Nahrungsmittel mit miesen Arbeitsbedingungen bezahlen müssen. Repräsentativ ist die aktuelle Studie zwar nicht. Da ähnliche Berichte allerdings in schöner Regelmäßigkeit erscheinen, ergibt sich schon ein Gesamtbild, das Verbesserungsbedarf signalisiert.

Einheitliche Standards für die Beschäftigung von Saisonkräften sind nicht nur eine Frage der Ethik. Ein gesicherter Mindestlohn und eine Krankenversicherung sind nicht zu viel verlangt. Es ist auch eine Frage des Wettbewerbs. Wenn Landwirte bei ihren Preisen nicht mehr mithalten können, weil sie durch bessere Arbeitsbedingungen höhere Produktionskosten haben als Lohndrücker, ist niemandem gedient. Dann verschwinden die besseren Betriebe vom Markt. Die großen Handelsketten müssen sich einen Vorwurf gefallen lassen. Faktisch üben sie über ihre Marktmacht einen erheblichen Preisdruck auf die Erzeuger aus. Die Erinnerung an die dadurch ausgelösten Existenzängste der Milchbauern vor wenigen Jahren ist noch nicht verblasst. Festzustellen sind durchaus auch Verbesserungen, die nach Skandalen vorgenommen wurden. Nur reicht der bisherige Rahmen offensichtlich noch nicht aus, um Arbeitnehmerrechte ausreichend zu gewährleisten. Da müssen alle Beteiligten noch einmal genau hinschauen und sich um Lösungen bemühen, damit die bisher regelmäßig wiederkehrenden negativen Schlagzeilen endgültig verschwinden.