Chinas Wirtschaft verliert Dampf Konjunktur wächst so langsam wie seit 1991 nicht mehr

PEKING · In der südchinesischen Industriemetropole Dongguan ist der Einbruch der Wirtschaft bereits seit Monaten zu spüren. In der einstigen Boomstadt am Perlflussdelta hat die Stadtverwaltung im Februar den erst vor zwei Jahren eingeführten kostenlosen Nahverkehr wieder abgeschafft. "Zu teuer", hieß es in einer kurzen Mitteilung. Und vor Kurzem dann diese Hiobsbotschaft: Der Investor einer neuen Wohnanlage inklusive Einkaufszentrum und Naherholungspark inmitten des Stadtzentrums ist abgesprungen. Er ist bankrott. Nun verschandelt eine gigantische Brache die Innenstadt.

 Ein Arbeiter steuert einen Kran in einem Containerhafen am Jangtse in Wuhan. Das Wachstum in China hat sich abgeschwächt.

Ein Arbeiter steuert einen Kran in einem Containerhafen am Jangtse in Wuhan. Das Wachstum in China hat sich abgeschwächt.

Foto: dpa

Nach Angaben der amtlichen Statistikbehörde ist die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr nur noch um 7,5 Prozent gestiegen. Das klingt für europäische Ohren zwar immer noch nach viel. Für ein sich noch entwickelndes Land wie China mit Millionen Menschen unter der Armutsgrenze stellt dieser Wert aber einen Einbruch dar. Es ist das schwächste Wachstum seit 22 Jahren.

Abgeschwächt hat sich vor allem der Export. Er ist allein im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,1 Prozent geschrumpft. Und auch die Investitionstätigkeiten sind deutlich zurückgegangen. Immerhin aber stiegen die Umsätze im Einzelhandel. Ihr Zuwachs belief sich auf 13,3 Prozent. Der anziehende Konsum kompensierte den Exporteinbruch also ein Stück weit.

Die meisten Ökonomen hatten mit diesen insgesamt schwachen Zahlen gerechnet. He Xiaoyu von der Zentralen Hochschule für Wirtschaft und Finanzen in Peking weist darauf hin, dass seit der wirtschaftlichen Öffnung mehr als 30 Jahre vergangen seien und viele Jahre das Wachstum über zehn Prozent gelegen habe. "Es ist normal, dass sich das Wachstum abschwächt." Dass sich die Konjunktur jedoch zum fünften Quartal in Folge abschwächt, bereitet anderen Ökonomen schon Sorge. "Das ist ein gefährliches Zeichen", meint die Analystin von IHS Global Insight, Ren Xiangfan.

Für besonders viel Unruhe sorgt das bis vor Kurzem in diesem Ausmaß kaum bekannte Schuldenproblem. Im Ausland ist China zwar kaum verschuldet. Doch viele chinesische Banken haben in den vergangenen Jahren für den Bau von Autobahnen, Luxuswohnanlagen und überdimensionierten Bahnhöfen zu viele Kredite vergeben und können nun ihre eigenen Darlehen nicht mehr begleichen. Die Schulden der Kommunen sind bereits auf ein Rekordniveau gestiegen. Hinzu kommen zusätzliche Risiken am grauen Kapitalmarkt, deren gesamten Ausmaße noch gar nicht erfasst sind. Einige Experten gehen davon aus, dass die Schulden der lokalen Behörden inzwischen 36 Prozent der gesamten chinesischen Wirtschaftsleistung ausmachen. Die deutsche Wirtschaft, die zuletzt Rekordabsätze im Reich der Mitte verzeichnete, zeigt sich jedoch sehr viel weniger besorgt. Titus von dem Bongart von der Deutschen Außenhandelskammer in Schanghai weist darauf hin, dass die chinesische Führung für das gesamte Jahr 2013 ein Wachstum von 7,5 Prozent ausgegeben hat. "Damit befindet sich China noch immer im selbst gesetzten Zielkorridor", so von dem Bongart.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort