Leitzins auf 3,75 Prozent erhöht Warum die Leitzinserhöhung gut für Sparer, aber schlecht für Kreditnehmer ist

Düsseldorf · Die Europäische Zentralbank hat ein weiteres Mal den Leitzins erhöht. Was bedeutet das für Sparer, private Kreditnehmer, Unternehmen und die europäische Gemeinschaftswährung?

 Die Zentrale der EZB in Frankfurt/Main.

Die Zentrale der EZB in Frankfurt/Main.

Foto: dpa/Arne Dedert

Nach der US-amerikanischen Notenbank Fed hat auch die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins erwartungsgemäß erhöht, und zwar ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte. Der Leitzins liegt jetzt mit 3,75 Prozent auf dem höchsten Niveau seit Oktober des Jahres 2008. Der Deutsche Aktien-Index (Dax) reagierte mit leichten Verlusten von knapp einem halben Prozent auf die Entscheidungen der Währungshüter.

Im Gegensatz zu den USA wird in der Eurozone mit weiteren Zinssteigerungen gerechnet. Die Inflation im gemeinsamen Währungsraum werde nach aktuellen Prognosen „noch zu lange zu hoch bleiben“, erklärte die Notenbank und schürt damit die Erwartungen, dass es bei den Zinsen weiter nach oben geht. Was bedeutet das für Sparer, private Kreditnehmer, Unternehmen und die europäische Gemeinschaftswährung?

Sparer: Seit dem Ende der Nullzinsphase im vergangenen Jahr sind den Sparern immerhin schon die Negativzinsen erspart geblieben. Doch auf eine nennenswerte Verzinsung sicherer Geldanlagen müssen sie bei manchen Instituten immer noch warten. Die Zinserhöhung von Donnerstag lässt die Chance darauf wieder steigen. Es gibt Banken und Sparkassen, die auf Tagesgeldkonten bereits wieder zwei Prozent Zinsen zahlen. Bei Festgeld, das für ein oder mehrere Jahre angelegt wird, sind es mitunter schon mehr als drei Prozent. Was man dabei nicht vergessen darf: Bei einer Inflationsrate von mehr als sieben Prozent sind wir von einem realen Vermögenszuwachs immer noch weit entfernt. Aber ein Anfang ist gemacht.

Kreditnehmer: Bei denen muss man zwischen Baudarlehen auf der einen und beispielsweise Dispo- und Ratenkrediten auf der anderen Seite unterscheiden. Denn bei letzteren wirkt die Leitzinserhöhung schneller und unmittelbarer als bei den Hypothekenkrediten. Mit höheren Leitzinsen wird es für die Geschäftsbanken teurer, sich Geld bei der Europäischen Zentralbank zu leihen, und diese Mehrbelastung geben sie über die Konsumentenkredite an Verbraucherinnen und Verbraucher weiter. Wer also ein neues Auto, die neue Waschmaschine oder die Urlaubsreise auf Pump kaufen will, für den wird das schnell teurer.

Für die Entwicklung der Bauzinsen sind die Leitzinsen dagegen nicht unmittelbar maßgeblich, weil die an den Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen hängen. Aber höhere Leitzinsen bedeuten, dass diese Anleihen in der Regel auch höher verzinst werden. Das wiederum bestimmt den Zins für Pfandbriefe, mit deren Ausgabe Banken im Wesentlichen ihr Baufinanzierungsgeschäft absichern. Also reagieren die Bauzinsen mit Verzögerung auch auf Veränderungen bei den Leitzinsen. Konkret verlangen Banken mittlerweile oft 3,5 bis vier Prozent Zinsen für ein Baudarlehen, vor zwei Jahren waren es häufig unter 1,5 Prozent.

Konjunktur/Unternehmen: Auch für die Firmen und die öffentliche Hand wird die Refinanzierung über die Geldhäuser teurer. Die Auswirkungen sind aber noch nicht überall klar. Denn die Nachfrage nach Unternehmenskrediten ist zuletzt gesunken, weil die Geldhäuser ihre Standards bei der Kreditvergabe verschärft haben.

Börse: Nach der reinen Lehre sind steigende Zinsen Gift für die Aktienkurse. Denn erstens implizieren sie wegen steigender Kreditkosten sinkende Gewinne für die Unternehmen, und zweitens machen sie Investments in Zinspapiere attraktiver. Doch heutzutage werden die Zinssteigerungen regelmäßig schon im Vorfeld von Sitzungen der Notenbanker so intensiv diskutiert, dass die Börsianer sich auf die Folgen frühzeitig einstellen. Die Folge: Die Anhebung der Zinsen ist meist schon in den aktuellen Aktienkursen eingepreist. Die Entwicklung am Donnerstag hat das trotz der Kursverluste noch bestätigt.

Euro: Der Zinsabstand zwischen den USA und der Eurozone ist gleichgeblieben. Und er könnte sich sogar noch verringern, wenn die US-Amerikaner anders als die Europäer tatsächlich eine Zinspause einlegen würden. Die Aussicht darauf hat zuletzt dem Euro Aufschwung gegeben. Denn je höher die Zinsen sind, umso attraktiver wird ein Währungsraum für Investoren. Und noch ein Vorteil eines starken Euro: Die Importe werden preiswerter, was besonders bei Rohstoffen und Energie wichtig ist, die auf den Weltmärkten meist in US-Dollar abgerechnet werden. Allerdings werden die Exportaussichten gleichzeitig schlechter, weil sich der Einkauf deutscher Produkte durch Kunden außerhalb der Eurozone verteuert.

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