Mögliche Lösung im US-Finanzstreit lässt Börsen jubeln

Frankfurt/Main/New York · Die Aussicht auf eine Einigung im US-Finanzstreit hat die Börsen weltweit in die Höhe getrieben. Der Dax schnellte am Dienstag sogar auf Rekordhöhe. Erstmals in seiner 25-jährigen Geschichte knackte der deutsche Leitindex die Marke von 8800 Punkten.

 Die Aussicht auf eine Einigung im US-Finanzstreit hat die Börsen weltweit in die Höhe getrieben. Foto: Sven Hoppe/Archiv

Die Aussicht auf eine Einigung im US-Finanzstreit hat die Börsen weltweit in die Höhe getrieben. Foto: Sven Hoppe/Archiv

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Getrieben wurden die Kurse von der Hoffnung der Anleger, dass im US-Haushaltspoker doch noch eine Lösung gefunden wird. Sollte dies bis zum Donnerstag (17. Oktober) nicht gelingen, könnte sich die optimistische Stimmung schnell drehen, warnen Börsianer. Denn dann droht den USA die Pleite.

Wenn erstmal ernsthafte Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der USA aufkämen, sei mit schwersten Erschütterungen, zunächst auf den Finanzmärkten und dann für die Weltwirtschaft, zu rechnen, sagten Experten voraus. Der Vizechef des Internationalen Währungsfonds (IWF), David Lipton, warnte vor den Folgen eines nicht endenden Haushaltsstreits. Wenn es bis Donnerstag zu keiner Einigung über eine Anhebung der Obergrenze für die Staatsschulden käme, "könnte das die internationalen Geldmärkte zumindest schwer erschüttern, wenn es sie nicht sogar zum Erliegen bringt", sagte Lipton "Spiegel Online". Es bestünde die Gefahr, dass die USA die Zinsen und Tilgungszahlungen für ihre Staatsschulden nicht mehr leisten könnten.

"Wir drängen die USA deshalb sehr, eine tragfähige Lösung zu finden - und nicht immer Politik am Rande des Abgrunds zu betreiben und erst unter hohem Druck zu reagieren", sagte der IWF-Vizechef.

Die großen Zentralbanken rund um den Globus schmieden laut einem Medienbericht Notfallpläne für eine mögliche Pleite der USA. Die Top-Entscheider hätten auf dem Jahrestreffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Wochenende in Washington Optionen für den Fall eines Zahlungsausfalls diskutiert, berichtete die Finanznachrichtenagentur Bloomberg mit Bezug auf anonyme Quellen.

Auf den Ernst der Lage hatte zuvor auch Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), in Washington hingewiesen. "Es ist undenkbar, dass keine Einigung gefunden wird", hatte Draghi beim Jahrestreffen von IWF und Weltbank gesagt. Beim politischen Tauziehen um die US-Finanzen zeichnet sich in allerletzter Minute doch noch ein Kompromiss ab. Spitzenvertreter von Republikanern und Demokraten arbeiteten gemeinsam an einer Übergangslösung, die den Streit um das Schuldenlimit und den Etat für das laufende Haushaltsjahr vorerst entschärfen könnte.

Indikator für eine bevorstehende Lösung ist der US-Geldmarkt: Angesichts der jüngsten Lichtblicke atmeten Investoren sichtbar auf. Die Zinsen der besonders im Fokus stehenden Papiere, die Ende Oktober auslaufen, fielen auf den tiefsten Stand seit einer Woche. Auch bei den Fälligkeiten Anfang November entspannte sich die Lage deutlich. Die Titel könnten von einem Zahlungsausfall betroffen sein, wenn die Erhöhung der Schuldengrenze nicht bis Freitag gelingt.

"Kommt es in Washington in den kommenden Tagen zu einer Lösung, dürften die globalen realwirtschaftlichen Blessuren zwar gering ausfallen", erklärte Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. "Hält der Konflikt aber noch längere Zeit an, werden die Folgen des politischen Hickhacks jenseits des Atlantiks auch für die deutsche Wirtschaft nicht ohne Folgen bleiben."

Bei deutschen Finanzmarktexperten überwiegt der Optimismus. Überraschend hellte sich ihre Stimmung im Oktober auf. Ihre Konjunkturerwartungen stiegen stärker als von Experten erwartet, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim mitteilte. "Ein größerer Einfluss des Streits über die Schuldenobergrenze in den USA ist derzeit nicht sichtbar", erklärte ZEW-Präsident Clemens Fuest.

Der langandauernde Finanzstreit dürfte aber nicht ohne Folgen bleiben. China will den USA als der weltgrößten Finanz- und Wirtschaftsmacht stärker Konkurrenz machen und strebt eine gewichtigere Rolle der eigenen Währung an. London soll nach dem Wunsch der britischen Regierung zu einem Zentrum der für den chinesischen Finanzhandel werden. Das erklärte der britische Finanzminister George Osborne nach Gesprächen mit dem chinesischen Vize-Premier Ma Kai in London.

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