Kommentar zur Konjunktur in Deutschland Noch zu optimistisch

Meinung · Die deutsche Wirtschaft befindet sich in der Rezession. Experten rechnen im Laufe des Jahres aber dennoch mit einem Plus, schreibt Björn Hartmann in seinem Kommentar – vielleicht sei das aber zu hoffnungsvoll.

Ein Mitarbeiter eines Unternehmens für den Bau von Anlagen für die Getränkeindustrie und für Nahrungsmittelhersteller steht in der Produktion neben einer Abfüllanlage.

Ein Mitarbeiter eines Unternehmens für den Bau von Anlagen für die Getränkeindustrie und für Nahrungsmittelhersteller steht in der Produktion neben einer Abfüllanlage.

Foto: dpa/Armin Weigel

Zwei Quartale in Folge ist die deutsche Wirtschaftsleistung geschrumpft. Experten sprechen in diesem Fall von einer Rezession. Für das gesamte Jahr rechnen sie aber immer noch mit einem Plus. Aber vielleicht ist das noch zu optimistisch. Das Minus hat mehrere Gründe: Das tägliche Leben ist wegen der hohen Inflation teurer geworden. Viele Menschen sparen sich deshalb andere Ausgaben oder können sie sich schlicht nicht mehr leisten. Die Unternehmen leiden wie die Haushalte unter den Energiepreisen, die im internationalen Vergleich sehr hoch sind. Zudem belasten hohe Bankzinsen, weshalb die Firmen genau prüfen, ob sie investieren sollen oder lieber Projekte zurückstellen. Die hohen Zinsen sind Folge mehrerer Leitzinserhöhungen, mit denen die Europäische Zentralbank die Inflation bekämpft.

Dazu kommt geopolitische Unsicherheit wegen des Kriegs in der Ukraine und der Spannungen zwischen den großen Blöcken USA, Europa und China. Unsicherheit in der Welt ist vor allem für die deutsche Wirtschaft, die auf Export ausgerichtet ist, gefährlich und drückt aufs Geschäft. Das alles belastet schon genug. Doch dann ist da noch die innenpolitische Unsicherheit, die die Ampelkoalition durch ihre Streitereien erzeugt. Was Ende 2021 als Fortschrittskoalition mit dringend nötigen Reformen antrat, ist derzeit ein zerstrittener Haufen Sturköpfe. Die Richtung ist unklar, wichtige Rahmengesetzgebung stockt. Derweil schafft es der Finanzminister nicht, den nächsten Haushalt vorzulegen. Inflation, Leitzinsen, geopolitische Probleme kann die Bundesregierung nicht steuern, die eigene Tätigkeit schon. Klare Linie ist da wichtig. Sonst leidet die Wirtschaft noch mehr. Und das trifft auch den Wohlstand aller.

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