Ein Weg mit Hürden Aufstieg der Deutschen Telekom AG zum weltweit tätigen Konzern

Bonn · Vor 25 Jahren war die Telekom vor allem in Deutschland tätig. Starker Stellenabbau und Umorganisationen flankierten den Umbau vom öffentlich rechtlichen Unternehmen zum börsennotierten Konzern.

 Wacht über das Gedächtnis des Unternehmens: Telekom-Archivar Wolfgang Richter.

Wacht über das Gedächtnis des Unternehmens: Telekom-Archivar Wolfgang Richter.

Foto: Claudia Mahnke

Die Ausgangslage war schwierig. Mit schwerem Image-Schaden wegen eines Telefonsex-Skandals stand die Telekom in ihren ersten Tagen als Aktiengesellschaft da. Rechnungen von Kunden waren in die Höhe geschossen – für etliche unerklärlich. Es gab noch keine Einzelverbindungsnachweise. Wie sich später herausstellte, war ein großer Teil des Problems: Auf den niederländischen Antillen saßen Kriminelle, produzierten Zigtausend Scheinanrufe zu ausländischen Telefonsex-Nummern und kassierten die Hälfte der Gebühren.

Im Dezember 1995 kam die Notbremse: Betroffene Telekom-Kunden mussten ihre Rechnung nicht begleichen, wenn „erhebliche Zweifel an der Korrektheit“ bestehen. Dann zahlten sie lediglich die durchschnittliche Telefonrechnung der letzten sechs Monate. Ausländische Sex-Dienste wurden auf Handvermittlung umgestellt, die Nutzung ging stark zurück.

Zu Beginn 1995 gab es nach dem überraschenden Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden Helmut Ricke etliche Baustellen. 25 Jahre und sechs Vorstandschefs später ist aus dem Behördenableger ein Weltkonzern geworden. Mit einem Börsenwert von derzeit rund 75 Milliarden Euro ist die Telekom das wertvollste europäische Telekommunikationsunternehmen. Der Bund hält direkt noch 14,3 Prozent der Anteile. Hinzu kommen 17,4 Prozent, die der staatlichen Förderbank KfW gehören.

Drei Börsengänge

Knapp zwei Jahre nach der Gründung gab es am 18. November 1996 den ersten Börsengang, ein weiterer Ende Juni 1999 und ein dritter im Juni 2000. Die Telekom erlöste aus den beiden ersten Börsengängen umgerechnet rund 21 Milliarden Euro, der Erlös aus dem dritten Börsengang von rund 13 Milliarden Euro floss in den Bundeshaushalt. Der Kurs der Telekom-Aktie stieg im März 2000 auf den Höchststand von 103,50 Euro. In den Folgejahren verlor die Aktie erheblich an Wert. Im Juni 2012 notierte sie mit einem Tiefststand von 7,71 Euro. Als eigene Bilanz der Kapitalmarkt-Jähre hebt die Telekom hervor, dass sich die T-Aktie in den vergangenen zehn Jahren deutlich besser entwickelt habe als die Papiere der meisten großen europäischen Wettbewerber. Außerdem würden die Aktionäre von einer zuverlässigen Dividendenzahlung profitieren, die Telekom-Aktie gelte als eine der stabilsten Aktien im Dax und Euro-Stoxx.

Für Peter Glotz, SPD-Politiker und langjähriger Aufsichtsrat der Deutschen Telekom, gab es zum Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt keine Alternative: „Die Arroganz des Staatsbetriebs musste gebrochen werden“, schrieb Glotz in einer 2001 erschienenen Biographie über Vorstandschef Ron Sommer. Allerdings bedeute das nicht, dass das Unternehmen zerbrochen werden müsse. Denn im Wettbewerb spielten „Dickschiffe“ die entscheidende Rolle.

Starker Stellenabbau

Die erste Zeit führte für viele Telekom-Mitarbeiter zu einem bösen Erwachen: Die Telekom und die Postgewerkschaft, Vorgänger von Verdi, hatten sich Ende 1995 darauf geeinigt, die Zahl der Mitarbeiter von 215 000 auf 170 000 bis zum Jahr 2000 zu verringern. Anfang 1995 hatte die Telekom noch 230 000 Beschäftigte, alle in Deutschland, viele Beamte. Der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen wurde verlängert, er gilt im Mutterkonzern bis heute. Zugleich einigten sich beide Seiten darauf, dass „überzähliges Personal“ bundesweit eingesetzt werden kann. Bis heute hadern frühere Mitarbeiter damit, wie sie damals aus dem Unternehmen gedrängt wurden und sprechen von Mobbing.

Die geografische Verteilung des Beschäftigten heute steht für die Internationalisierung des Konzerns. Für den Telekom-Konzern sind weltweit 220 000 Mitarbeiter tätig, weniger als 100 000 davon in Deutschland.

Wesentlich stärker stieg der Umsatz: Im Jahr der Privatisierung lag er bei rund 33 Milliarden Euro – 2018 betrug der Umsatz 75,7 Milliarden Euro. Einst nationaler Anbieter, ist die Telekom heute ein weltweit tätiger Dienstleister mit Tochterunternehmen und Beteiligungen in mehr als 50 Ländern auf der Welt. Einen Schwerpunkt bildet Mittel- und Osteuropa. Besonders T-Mobile US ist überaus erfolgreich.

Skandale

Skandale gehörten dazu: Es gab neben einer Abhöraffäre die Dopingfälle in der Radmannschaft Team Telekom. Im Zusammenhang mit dem dritten Börsengang der Telekom kam es zu juristischen Auseinandersetzungen mit Aktionären. Als Mitglied des Toll Collect-Konsortiums für die Lkw-Maut gab es vom Bundesverkehrsministerium angestrengtes Schiedsverfahren.

Was ein Vierteljahrhundet gleich geblieben ist: Die Unternehmensfarbe Magenta und das Firmenlogo mit dem „T“ und den quadratischen Digits. Es sind die Symbole der wertvollsten europäischen Telekommunikationsmarke.

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