Betriebsversammlung in Köln 3400 Jobs bei Autobauer Ford sind gefährdet

KÖLN · Ford steckt in Europa in den roten Zahlen. Der US-Autobauer will deshalb in Deutschland 5000 Stellen streichen. Bei einer Betriebsversammlung in Köln muss Deutschlandchef Gunnar Herrmann massive Kritik einstecken.

Noch am Dienstagmorgen verbreitete Ford Aufbruchstimmung. Der Konzern elektrifiziere seine Modellpalette, sowohl der Ford Focus als auch der Fiesta sollen als Hybridfahrzeuge erhältlich sein, erklärte der Konzern in einer Pressemitteilung. E-Mobilität in Kombination mit „Ford-Markenwerten wie Vertrauen, Bezahlbarkeit und Fahrspaß“ wurden da angepriesen. Fast zeitgleich traten die Ford-Beschäftigten einen schweren Gang an: In Köln stand eine turnusgemäße Betriebsversammlung auf dem Plan. 3400 Jobs sind dort gefährdet. Mehr sei noch nicht bekannt, sagte Ford-Betriebsratschef Martin Hennig auf Anfrage. „Entschieden ist noch nichts.“

Deutschlandchef Gunnar Herrmann sprach vor 7000 Beschäftigten in Niehl und weiteren 2000 in Merkenich über das Sanierungsprogramm, mit dem der US-Autobauer in Europa aus den roten Zahlen kommen will. Welche Abteilungen im Einzelnen in welchem Ausmaß betroffen seien, dazu gebe es noch keine klare Aussage, so Hennig weiter. Es kursierten am Dienstag Berechnungen, wonach 1000 Stellen in der Entwicklung wegfallen könnten und 2400 in der Produktion. Hennig bezeichnete dies als „Spekulation“. Das hänge letztlich davon ab, wie sich der Konzern künftig aufstelle. Doch das sei unklar geblieben, so Hennig: „Wir wissen überhaupt nicht, wie die Perspektiven aussehen – und wie wir beispielsweise mit dem Thema E-Mobilität umgehen“, sagte der Betriebsratsvorsitzende. „Unter diesen Vorzeichen ist es schwierig, die Belegschaft zu motivieren.“

18 000 Mitarbeiter in Köln, 6000 in Saarlouis

Aus Teilnehmerkreisen verlautete, dass Herrmann am Dienstag deshalb auch massive Kritik aus der Belegschaft einstecken musste. Der Deutschlandchef stellte den eingeschlagenen Kurs unterdessen als unbedingt notwendig dar, um wieder zu nachhaltig profitablem Wachstum zu kommen. Neuigkeiten gab Herrmann nicht bekannt. Ford Europa schrieb 2018 rote Zahlen, auch in den Jahren davor gab es immer wieder Defizite. Die Stammbelegschaft von Ford Deutschland beläuft sich auf rund 24 000, davon 18 000 in Köln und 6000 in Saarlouis.

Ford hatte Anfang des Jahres das Sanierungsprogramm eingeleitet, das unter anderem den Abbau von insgesamt 5000 Stellen vorsieht: 1600 sollen in Saarloius wegfallen, wo die Produktion des C-Max eingestellt wird. Die restlichen 3400 sollen auf Köln entfallen. Die Mitarbeiter sollen freiwillig gehen, ihnen werden Abfindungen und Vorruhestandskonditionen angeboten. Wie hoch die Bereitschaft ist in der Belegschaft, aus freien Stücken zu gehen, ist noch unklar.

Dudenhöffer: "Akt der Hilflosigkeit"

„Einfach nur Arbeitsplätze abzubauen, ist ein Akt der Hilflosigkeit“, sagte Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen, dieser Zeitung. „Dieser Versuch, sich gesundzuschrumpfen, ist keine nachhaltige Lösung.“ Er vermisse bei Ford strategische Lösungen. So hält Dudenhöffer den Verkauf des Pkw-Geschäfts von Ford in Europa für einen denkbaren Weg – nach dem Vorbild von General Motors, das sich von seiner verlustreichen Marke Opel trennte und an den französischen PSA-Konzern (Peugeot, DS, Citroen) verkaufte. Der deutsche Autobauer verzeichnete in diesem Jahr erstmals seit 1999 wieder einen Gewinn – durch einen Sanierungsplan, der mit massiven Kostensenkungen verbunden ist. Opel-Modelle basieren inzwischen auf PSA-Plattformen. Nach Ansicht Dudenhöffers kommt auch Ford in Europa nicht um eine Neuaufstellung und Kooperationen mit anderen Herstellern umhin. „Bei der Profitabilität sieht es bei Ford in Europa sehr schwer aus“, so Dudenhöffer.

Der Gewinnanteil, den Europa bei Ford beitrage, habe im Fünf-Jahres-Schnitt zwischen 2014 und 2018 gerade einmal ein Prozent betragen. So gesehen sei der Markt Europa für Ford „wirklich unwichtig“, erklärte der Experte weiter. Zugleich habe Ford europaweit aber 52 000 Mitarbeiter, das seien 27 Prozent der weltweiten Belegschaft.

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