Deutscher Postmarkt vor neuen Regeln Amazon ist der zweitgrößte Zusteller in Deutschland
Bonn · Binnen weniger Jahre hat sich der Onlinemarktplatz Amazon zum zweitgrößten Zustellunternehmen entwickelt. Nach DHL stellt das Unternehmen am zweitmeisten Sendungen in Deutschland zu. Auf den kompletten Postmarkt kommen in den kommenden Monaten neue Regeln zu.
Die Vorweihnachtszeit ist für sie die arbeitsreichste Zeit im Jahr: Derzeit klingeln häufig gleich mehrfach am Tag Paketboten an den Haustüren der Deutschen. Darunter sind immer häufiger Zusteller von Amazon. Wie Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, am Mittwoch sagte, steigt der Marktanteil von Amazon in der Paketzustellung in Deutschland seit Jahren stetig. Müller bezifferte ihn bezogen auf die Sendungsmengen auf 15 bis 25 Prozent.
Genaueres wollte die Bundesnetzagentur nicht sagen: Mit Blick auf den Wettbewerb veröffentlicht sie bei den Marktanteilen nur Spannbreiten. Aber eines ist klar: Nach DHL, die weiterhin aber auch Amazon-Sendungen zustellen, ist das US-Unternehmen mittlerweile der zweitgrößte Paketzusteller in Deutschland, sagt Müller. Der Bonner Konzern kommt auf einen Anteil von über 40 Prozent. Die Bundesnetzagentur stellte ihren Tätigkeitsbericht Post zusammen mit der Monopolkommission vor, die ein Gutachten zur Wettbewerbsentwicklung auf dem Postmarkt vorlegte. Die Monopolkommission, deren Geschäftsstelle in Bonn ansässig ist, berät die Bundesregierung auf den Gebieten der Wettbewerbspolitik und Regulierung.
Geringeres Tempo bei der Briefzustellung
Auf dem Postmarkt stehen in den kommenden Monaten größere Veränderungen an. Das Bundeswirtschaftsministerium hat den Entwurf für eine Reform des 25 Jahre alten Postgesetzes vorgelegt. Nach Auffassung von Jürgen Kühling, Vorsitzender der Monopolkommission und Professor an der Uni Regenburg, sollte der Entwurf zeitnah umgesetzt werden. Die Vorgaben für den Universaldienst, der das Grundniveau an postalischer Versorgung darstellt, sollten auf diese Weise entschlackt und an die Lebenswirklichkeit der Menschen angepasst werden. „Nicht mehr zeitgemäße Anforderungen im Universaldienstbereich führen zu hohen Kosten, die die Verbraucherinnen und Verbraucher zu tragen haben“, so Kühling. Derzeit müssen 80 Prozent aller Briefe nach einem Tag die Empfängerinnen und Empfänger erreichen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Post künftig mindestens 95 Prozent der Briefe am dritten Werktag nach Einwurf bei den Empfängern abgegeben haben soll. Am vierten Werktag sollen es 99 Prozent sein.
Kritisch beurteilt Kühling, dass durch den Gesetzentwurf die Umsatzsteuerbefreiung der Post sogar noch bei Firmenkunden ausgeweitet werden solle. Dies verschaffe der Deutsche Post AG einen Wettbewerbsvorteil, weil Dienstleistungen der Wettbewerber nicht von der Umsatzsteuer befreit sind. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist die Umsatzsteuerbefreiung aber ein Ausgleich für die Übernahme des Universaldienstes.
Bedeutung von Subunternehmern
Kühling sprach sich gegen ein Verbot von Subunternehmern in der Postbranche aus. Es wird von Gewerkschaften gefordert, weil Kontrollen immer wieder schlechte oder rechtswidrige Arbeitsbedingungen von Paketboten zeigen. Derzeit kenne niemand den Umfang des Problems, so der Vorsitzende der Monopolkommission. Ein Geschäftsmodell einfach auf Verdacht zu untersagen, sei falsch. Könnten Paketdienstleister keine regionalen Subunternehmer beauftragen, die beispielsweise Postsendungen unterschiedlicher Anbieter bündeln, würde dies zukünftige Marktzutritte erheblich erschweren.
Arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen müssen auch im Postwesen wirksam durchgesetzt werden, betonte Kühling. Dazu sollten die Beschäftigten in die Lage versetzt werden, Missstände zu erkennen und anonym zu melden.
Nach der Gesetzesnovelle soll die Bundesnetzagentur auch Bußgelder gegen die Post als Universaldienstleister verhängen können, wenn die Qualität in der Postzustellung schlecht ist. „Idealerweise dienen Bußgeldandrohungen dazu, dass sie niemals zum Zuge kommen“, sagte Müller. Sie würden präventiv wirken und seien nötig, um den Firmen finanziell Druck zu machen und sie zur Besserung zu bewegen. Bis zu zwei Prozent des globalen Umsatzes könnte ein Bußgeld künftig betragen.