Sal.Oppenheim-Banker Ankläger erwarten Haftstrafen

KÖLN · Mit einem derartigen Paukenschlag hatte wohl niemand gerechnet. Die Pressestühle im Untreueprozess gegen die ehemaligen Chefs des Bankhauses Sal. Oppenheim und den Immobilienentwickler Josef Esch sind spärlich besetzt, vielleicht eine Handvoll Zuschauer sind gekommen.

In Köln vor Gericht, hier bei einem Termin im Mai: Die ehemaligen Sal. Oppenheim-Banker Friedrich Carl Janssen (l.), Matthias Graf von Krockow (4.v.l.), Dieter Pfundt (rechts, dahinter), Christopher von Oppenheim (3.v.r.) und der Immobilienmanager Josef Esch (r.).

In Köln vor Gericht, hier bei einem Termin im Mai: Die ehemaligen Sal. Oppenheim-Banker Friedrich Carl Janssen (l.), Matthias Graf von Krockow (4.v.l.), Dieter Pfundt (rechts, dahinter), Christopher von Oppenheim (3.v.r.) und der Immobilienmanager Josef Esch (r.).

Foto: dpa

Ein Manager einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft soll an diesem 91. Verhandlungstag Auskunft über Studien zum Handels- und Touristikkonzern Arcandor geben, dessen Schieflage ab Herbst 2008 letztlich auch Sal. Oppenheim so schwer traf, dass das Institut 2010 in einem Notverkauf an die Deutsche Bank ging.

Doch vor der Zeugenvernehmung hebt Oberstaatsanwalt Gunnar Greier zu einer Erklärung an. Mit ruhiger Stimme zieht er eine Zwischenbilanz, die es in sich hat. Es sei, nachdem zwei von insgesamt fünf Tatkomplexen beleuchtet worden seien, von Verurteilungen auszugehen. Er betont zwar mehrfach, dass diese Einschätzung der Staatsanwaltschaft vorläufig sei, die Verteidiger wohl zu anderen Einschätzungen kommen würden, und nicht nur Haft-, sondern auch Bewährungsstrafen möglich seien. Dennoch wechselten einige Angeklagte und deren Verteidiger die Gesichtsfarbe.

Vier bis viereinhalb Jahre Haft stellte er Matthias Graf von Krockow in Aussicht, dreieinhalb bis vier Friedrich Carl Janssen, drei bis dreieinhalb Christopher Freiherr von Oppenheim. Nach der vorläufigen Einschätzung von Greier kann Dieter Pfundt mit einer Bewährungsstrafe von 15 bis 21 Monaten rechnen, und Esch mit sechs bis zwölf Monaten. Da baten die Verteidiger erst einmal um eine Prozesspause.

Die Überraschung sei gelungen, kommentierte Klaus Volk, der Verteidiger Oppenheims, danach. In abtastenden, informellen Gesprächen sei noch von einer Bewährungsstrafe für seinen Mandanten die Rede gewesen. Dass es trotz der von der Staatsanwalt honorierten Aufklärungshilfe Oppenheims jetzt eine Verdoppelung der Strafe gebe, sei unverständlich. "Am Ende wird es auf die Kammer ankommen", betonte Norbert Scharf, der ebenfalls Oppenheim vertritt. Bewertungen durch die Sachverständigen seien etwa strittig. Am Ende des Prozesses könne für seinen Mandanten auch eine Geldstrafe stehen. Die Staatsanwaltschaft positioniere sich zu früh und wende sich an die Öffentlichkeit, was die Verteidigung nicht gemacht habe.

Für die Öffentlichkeit habe die Staatsanwaltschaft heute ein Urteil gesprochen, sagte Franz Salditt, der Friedrich Carl Janssen vertritt. Er sprach von einem "einmaligen Vorgang", der das Verfahren belaste. Die Staatsanwaltschaft sei nicht zu derartigen Wertungen befugt, vielmehr gelte die Unschuldsvermutung.

Felix Dörr, der Dieter Pfundt vertritt, sprach von einem "Einschüchterungsversuch" und kritisierte schlechten Stil. "Ich bin sauer, weil versucht wird unter dem Tisch zu treten", so Dörr.

Greier und Oberstaatsanwalt Torsten Elschenbroich betonten, mit der Staatsanwaltschaft würden zunehmend Gespräche gesucht. Sie sei unsicher, was sie protokollieren müsse. "Wir legen jetzt die Karten auf den Tisch", so Elschenbroich. Das sei auch eine Fürsorge gegenüber den Angeklagten. Falls jemand Aufklärungshilfe leisten wolle, gebe es dazu schließlich weniger Möglichkeiten.

Ob sich das Verfahrens abkürzen lässt, ist offen. Ein Rechtsgespräch steht bevor. Salditt bat die Kammer aber, "das Verfahren mit der bisherigen Gründlichkeit zu Ende zu führen". Seine Seite habe keine Gespräche mit der Staatsanwaltschaft mit dem Ziel einer Verständigung geführt und sie werde auch keine derartigen Gespräche führen. Wenn die Kammer einlade, werde man teilnehmen und zuhören. Die Verteidigung Eschs und Krockows gab wie auch die Kammer keine Stellungnahme ab.

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