Internet-Start-up Apps aus Bonn für alle

BONN · Thomas Bendler und Tristan Hahne trauten ihren Augen kaum, als sie vor rund zweieinhalb Jahren das Angebot einer Agentur für eine App für ihr Unternehmen in der Hand hielten. Schlappe 40 000 Euro sollte die Applikation kosten, in der sich die lokalen Filialen einer Fastfood-Kette vorstellen und digitale Coupons anbieten wollten.

 "Bau Deine App": Thomas Bendler und Tristan Hahne.

"Bau Deine App": Thomas Bendler und Tristan Hahne.

Foto: Barbara Frommann

Aus dem Schock ist die Idee für ein Internet-Start-up entstanden: Mit "Bau Deine App" haben Bendler und Hahne einen Baukasten entwickelt, aus dem sich jeder seine eigene App zusammenstellen kann - ab 9,99 Euro im Monat.

"Faire und vor allem realistische" Preise für die Applikationen für Smartphones sind Hauptbestandteil des Konzepts. "In der digitalen Branche wird mit unrealistischen Beträgen gepokert, weil das Verständnis für den Wert einer App oft fehlt. Je bekannter der Firmenname des Kunden, desto teurer dann die App", sagt Gründer Hahne. "Bislang waren Apps deshalb den großen Unternehmen vorbehalten", sagt Bendler. Ziel der Firma Behabo ist dagegen: Apps für alle. Die Gründer glauben an eine Marktlücke, weil Apps etwa mit Coupons oder digitalen Stempelkarten großes Potenzial für das Marketing im Mittelstand bergen. Erfahrungen aus diesem Bereich bringen die Gründer mit, das Programmieren war dabei eher ein Hobby, das nun zum Beruf geworden ist.

Den Standort Bonn haben Bendler und Hahne bewusst gewählt und sind zufrieden: "Die IHK hat uns von Anfang an unterstützt", sagt Bendler. Das betreffe vor allem Veranstaltungen, die Möglichkeiten zum Networking böten. Für die IHK Bonn/Rhein-Sieg ist diese Vernetzung das Stichwort, sagt IHK-Pressesprecher Michael Pieck. Gegen Start-up-Standorte wie Berlin könne man zwar nicht ankommen. "Wir können aber Synergien zwischen großen Unternehmen wie der Telekom, Investoren vor Ort und den Gründern schaffen", meint Pieck. Erste Versuche in diese Richtung habe man bereits mit der Ideenbörse und dem Gründerpodium geschaffen.

"Wir hätten uns das Gründen einfacher vorgestellt", erzählt Thomas Bendler. Dass eine gute Idee ein Start-Up direkt zum Erfolg führe, sei Illusion. "Von nix kommt nix", sagt Hahne. "Das Fatale ist: Am Anfang muss man immer erreichbar sein. Im Internet kann man nicht die Tür abschließen." Schnell war klar: Die erste Idee fruchtete nicht wie erhofft. "Wir kommen damit vielleicht etwas zu früh auf den Markt. Oft fehlt den Kunden das Verständnis, oder auch die Energie, die App selber zu bauen", sagt Bendler. Denn dass man für den günstigen Preis Arbeit investieren müsse sei "ja klar". Zwar habe man 10 000 registrierte Nutzer - davon zahlten aber nur etwa fünf Prozent. Ein Selbstversuch zeigt: Eine App zusammenzubauen ist zwar mit etwas Mühe und Affinität zu schaffen - "mal eben" aber kaum.

Da sich die Kunden verstärkt meldeten, weil ihnen das "Selberbauen" zu aufwendig war, bieten die Bonner mittlerweile auch für den Kunden fertig gebaute Apps an. 120 solcher Aufträge habe das Unternehmen bereits umgesetzt. Tristan Hahne glaubt: "Viele Standbeine sind im digitalen Business ganz wichtig."

Bonn hat mit 7,9 Prozent Selbstständigen eine relativ geringe Quote (Land NRW: 9,8 Prozent). "Es gibt aber durchaus eine junge Gründerszene in Bonn. Doch bedingt durch die Geschichte als Hauptstadt und die sehr großen Unternehmen ist sie nicht immer so offen sichtbar", erklärt Victoria Appelbe von der Wirtschaftsförderung der Stadt Bonn, die wie auch die IHK verschiedene Förderprogramme für Gründer begleitet. "Wir müssen mutige, geeignete Gründerpersönlichkeiten erkennen und sie auf die Selbstständigkeit vorbereiten", sagt Appelbe. Um die junge Generation vor Ort zu halten, müsse sich die Stadt in deren Wahrnehmung neu positionieren, meint Pieck: "Bonn muss jünger, bunter, lauter werden."

Dass der Standort für Neugründungen zum Beispiel wegen der Mieten zu teuer ist, glaubt er nicht: "Internet Start-Ups brauchen nicht viel Platz, sondern vor allem kreatives Klima in der Stadt." Neben dem von der Stadt betriebenen Gründerzentrum "Bonn Profits" würden auch mehrere neue "Coworking Spaces" entstehen, in denen Unternehmer flexibel und stundenweise Arbeitsplätze anmieten können, erklärt Appelbe. Etwa im Areal "Westside" in Bonn-Endenich.

Behabo ist mittlerweile schon auf knapp 40 Mitarbeiter gewachsen, die Apps programmieren und designen. Eine App werde aber nicht tausendfach heruntergeladen. "Die App eines Friseurs aus Bonn von uns kommt auf etwa 15 Downloads am Tag", berichtet Bendler. In der Zukunft wollen die Gründer sich noch mehr vernetzen - und ihre Ressourcen auch externen Kreativen aus der Region für die Entwicklung massentauglicher Apps anbieten.

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