Julius Reiter im Interview Arbeitsrechtler findet Umgang mit Michael Garvens stillos

Köln/Bonn · Der Anwalt Julius Reiter spricht über Aufhebungsverträge und wie es mit Michael Garvens, Chef des Kölner Flughafens, und Friedrich Merz, Aufsichtsratschef, weitergehen könnte.

Herr Reiter, der beurlaubte Chef des Kölner Flughafens, Michael Garvens, kehrte gestern per einstweiliger Verfügung an seinen Arbeitsplatz zurück. Was meinen Sie als Anwalt?

Julius Reiter: Es ist schon bemerkenswert, dass das Landgericht Köln die Rückkehr ohne mündliche Verhandlung festlegte. Das zeigt, dass da anscheinend bisher nichts Substanzielles gegen Herrn Garvens vorliegt. Denn eines ist klar: Eine zwangsweise Beurlaubung ist eigentlich nur möglich, wenn seitens des Unternehmens eine schwerwiegende Pflichtverletzung glaubhaft gemacht wird. Das Unternehmen müsste Gründe anführen, die eine Abberufung als Geschäftsführer rechtfertigen würden. Dies war anscheinend bislang nicht der Fall. Davon abgesehen kann der Aufsichtsrat natürlich festlegen, dass Anwälten und Wirtschaftsprüfern alle Akten zur Verfügung gestellt werden müssen, um Vorwürfe zu prüfen.

Herr Garvens ist vom Aufsichtsrat zu den Vorwürfen nicht befragt worden. Man will anscheinend vorher weiter Unterlagen auswerten.

Reiter: Das bestätigt den Verdacht, dass bisher anscheinend keine Nachweise für Verfehlungen gefunden wurden. Es wirkt auch etwas stillos, einen seit 15 Jahren tätigen Vorstandschef zuerst zu beurlauben, dann weiter Material zu sammeln – und ihn erst dann zu den Vorwürfen befragen zu wollen. Auch wenn man im Arbeitsrecht wegen eines Verdachts kündigen kann, muss man den Betroffenen zuvor anhören.

Wie würde ein solcher Streit normalerweise enden?

Reiter: Eigentlich wäre klar, dass es am Ende einen Aufhebungsvertrag gibt. Wenn ein Manager nur per Klage an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann, ist das Vertrauensverhältnis erschüttert – egal, ob an Vorwürfen gegen ihn etwas dran ist.

Und beim Flughafen Köln-Bonn?

Reiter: Da ja der bisherige Aufsichtsratschef Kurt Bodewig (SPD) soeben von der Landesregierung zum Rücktritt gezwungen wurde, sieht der Sachverhalt anders aus. Der künftige Aufsichtsratschef Friedrich Merz (CDU) kann sich ja die bald fertigen Gutachten zu möglichen Verfehlungen völlig unbelastet anschauen. Und dann wird er als renommierter Volljurist dem Aufsichtsrat eine Empfehlung zum weiteren Umgang mit Garvens unterbreiten.

Was wird geschehen?

Reiter: Ohne genaue Kenntnis der Sachverhalte lässt sich hierüber nur spekulieren. Garvens wird gehen müssen, falls sich grobe Pflichtverletzungen oder Straftaten beweisen lassen. Aber falls sich herausstellt, dass er beispielsweise die langjährige Freistellung eines unkündbaren Mitarbeiters wirklich mit Ex-Aufsichtsratschef Volker Hauff abstimmte, entlastet dies ihn. Ob Geld ohne direkte Gegenleistung an eine Firma gezahlt wurde, ist unklar. Insofern muss dies noch keine grobe Pflichtverletzung oder Straftat sein.

Das Gutachten gegen Garvens wurde der Presse zugespielt.

Reiter: Es ist gutes Recht der Medien, über mögliche Missstände zu berichten. Immerhin geht es um einen großen Arbeitgeber im Rheinland. Aber derjenige, der das Gutachten heimlich weitergab, hat sich strafbar gemacht. Garvens sollte als Geschäftsführer nun Strafanzeige wegen Geheimnisverrats oder wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen stellen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort