Stellenabbau bei Karstadt Auch in Bonn geht die Angst um den Job um

KÖLN/ESSEN · Sechs Monate, nachdem der Österreicher René Benko die angeschlagene Warenhauskette für nur einen Euro übernommen hat, wird immer deutlicher, wie der Immobilieninvestor das krisengeschüttelte Unternehmen wieder auf Kurs bringen will: mit Stellenabbau, schlechteren Arbeitsbedingungen, besseren Einkaufskonditionen und weniger Rabatten.

Zusätzlich zur angekündigten Schließung von sechs Standorten will die neue Führung unter Karstadt-Chef Stephan Fanderl rund 2000 Vollzeitstellen streichen. Gut jede zehnte Stelle in den Filialen und jede vierte in der Zentrale sollen nach Angaben des Betriebsrats in kommenden Monaten dem Rotstift zum Opfer fallen.

Karstadt-Häuser lassen sich ganz bestimmt nicht über einen Kamm scheren. Da gibt es welche, die einen niedrigen zweistelligen Umsatz pro Jahr machen. Laut Süddeutscher Zeitung erzielen 37 von 83 Warenhäusern gerade einmal Erlöse von zehn bis 20 Millionen Euro.

Dazu gehören die Häuser in Köln und Bonn bestimmt nicht. Das Bonner Haus mit rund 200 Mitarbeitern in der Poststraße, gehört einer Kapitalanlagegesellschaft. Es zählt, so heißt es, auch wegen der hohen Kaufkraft in der Stadt, zu den erfolgreichsten Häusern der Kette. Und auch Köln galt immer als Haus aus der ersten Liga. Wo genau sie sich einreihen, bleibt aber unklar. Fünf Filialen liegen laut Süddeutscher Zeitung beim Umsatz zwischen 56 und 70 Millionen pro Jahr, zwei erzielen mehr als 80 Millionen.

Das hat die Häuser nicht unbedingt vor Sparmaßnahmen bewahrt, und auch die Angst um den Job geht um. "Die Leute sind verunsichert und empfindlich", sagte der Bonner Verdi-Sekretär Özcan Özdemir. Sie würden seit Jahren hingehalten, hätten auf Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichtet, dabei habe zuletzt kein Investor gehalten, was er versprochen habe. Nicht die besten Voraussetzung für eine engagierte Kundenberatung.

Und Verkäufer sind auch immer schwerer zu finden in den Karstadt-Häusern. 2011, so rechnen Gewerkschafter auf Betriebsversammlungen vor, gab es auf 101 Quadratmeter noch einen Verkäufer oder eine Verkäuferin. Ein Jahr später waren es 115 Quadratmeter, 2014 bereits fast 130. Werde der geplante Personalabbau umgesetzt, käme ein Berater auf 161 Quadratmeter, und wenn Berater in geplante Warenserviceteams wechselten und Regal auffüllen müssten, käme auf über 200 Quadratmeter noch ein Berater. Da könne es kaum qualifiziertere Beratung geben, bei der der Kunde im Mittelpunkt stehe. "Kundenfreundlich geht nicht mit weniger Mitarbeitern", sagt Verdi-Sekretär Özdemir. Das Unternehmen müsse Geld in die Hand nehmen.

In Köln ist Karstadt prominent vertreten und hat genau genommen sogar drei Filialen und rund 300 Mitarbeiter. Das Haupthaus in der Breite Straße, das damit verbundene Haus für junge Mode K-Town und KarstadtSport. Noch zumindest. Denn K-Town wird im Sommer geschlossen. Darüber wurden die 18 Mitarbeiter im Oktober informiert. Falls sie unbefristeten Verträge haben, werden sie wohl im Haupthaus eingesetzt, hieß es.

Einige Zeitverträge sind freilich Ende des Jahres ausgelaufen. Was mit den rund 2000 Quadratmetern Fläche geschieht, wurde noch nicht mitgeteilt. Insgesamt hat das Haupthaus 27.000 Quadratmeter. Für Köln spricht auch, dass es als eine der acht bundesweiten Kopffilialen von Karstadt gehandelt wird. Diese steuern dann weitere fünf bis sieben Häuser.

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