Bestellservice boomt Auf der Couch statt im Restaurant

Berlin · Lieferdienste wie Foodora und Deliveroo wachsen schnell. Der Hotel- und Gaststättenverband Nordrhein sieht darin nicht nur Vorteile für die regionale Gastronomie.

 Man sieht sie immer häufiger auch in der Region auf der Straße: Die Fahrradkuriere des Berliner Lieferdienstes Foodora.

Man sieht sie immer häufiger auch in der Region auf der Straße: Die Fahrradkuriere des Berliner Lieferdienstes Foodora.

Foto: dpa

An der Ampel sieht man sie, an der Haustür und am Restaurant-Tresen – die Fahrradkuriere der neuen Essenslieferdienste. Ihre würfelförmigen Rucksäcke und ihre Outfits in Knallfarben prägen mehr und mehr das Straßenbild in Deutschlands Großstädten. Sie bringen per App bestelltes Essen von Restaurants zu Kunden, im Auftrag der beiden großen Anbieter in Deutschland: Foodora – pinke Kleidung – und Deliveroo – hellblaue Kleidung.

Das Geschäftsmodell der beiden Bringdienste: die gesamte Bestell-Logistik für Restaurants übernehmen. Das geht von der digitalen Speisekarte über den Auftragseingang per App bis zur Auslieferung innerhalb von 30 Minuten, so das Versprechen. Dafür berechnen die Dienste pro ausgeliefertem Gericht eine Provision. Nach Angaben aus verschiedenen Restaurants liegt sie bei rund 30 Prozent.

Bislang scheint das Konzept aufzugehen: Foodora verdoppelte nach eigenen Angaben das Auftragsvolumen zwischen April 2015 und April 2016 alle zwei Monate. Der Service startete vor gut zwei Jahren und hat rund 2200 Restaurants in 19 deutschen Städten im Portfolio. Der in Großbritannien gegründete Konkurrent Deliveroo ging im April 2015 an den Start und arbeitet in Deutschland mit mehr als 2000 Restaurants in sechs Städten zusammen. Nach Unternehmensangaben steigt die Zahl der Bestellungen um rund 20 Prozent pro Monat.

Es gibt auch kritische Stimmen

Und die Rechnung geht auch für viele Gastronomen auf: Rund 1000 Euro Extra-Umsatz pro Monat verbucht zum Beispiel Sebastian Hunold, Inhaber einer kleinen Pizzeria in Berlin-Kreuzberg. Felix Chrobog, Deliveroo-Geschäftsführer in Deutschland sagt: „Viele Restaurants erhöhen ihren Umsatz durch uns um 20 bis 30 Prozent.“ Eine Situation, von der alle profitieren, könnte man meinen: faule Hungrige, die ihr Lieblingsessen an die Haustür gebracht bekommen, Restaurants, die neue Zielgruppen erschließen, ohne sich den Stress mit der eigenen Lieferflotte anzutun, und die jungen Start-ups selbst.

Doch es gibt auch kritische Stimmen von Seiten der Gastronomen. Christoph Becker ist Geschäftsführer der Dehoga Nordrhein/Regierungsbezirk Köln, der auch die Bonner Gastronomie vertritt, und sieht die Entwicklung zum Teil skeptisch: „Das wachsende Angebot an Lieferdiensten verleitet die Gäste schon zu Hause zu essen“, erklärt er. „In einigen Kölner Pizzerien nehmen die Gäste bereits ab, während die Bestellungen zunehmen.“

Auf der anderen Seite wirke sich der Bestellservice bei anderen gastronomischen Betrieben in der Region Köln/Bonn aber natürlich auch positiv aus – nämlich als Ergänzung zum bisherigen Angebot: „Es ist natürlich auch ein gutes Werkzeug, um zusätzliche Geschäfte zu machen“, so Becker. Essen bestellen ersetze nicht das Erlebnis, in einem schönen Restaurant mehrere Gänge zu genießen. Allerdings könnten die Restaurantbesuche in einfachen gastronomischen Betrieben wie eben Pizzerien schon abnehmen, vermutet er. Betriebe, die aufwendigeres Essen anbieten, hätten weniger zu befürchten.

Nur begrenztes Angebot bei Lieferung?

Von den 800 gastronomischen Betrieben in Bonn arbeiten mehr als 40 mit dem Liederdienst Foodora zusammen, in Köln sind es 230 von insgesamt 3000. „Wichtig ist es, dass die Gastronomen von den Lieferdiensten nicht abhängig werden und sich das Heft nicht aus der Hand nehmen lassen“, so Becker. Eine Möglichkeit, genau das zu vermeiden, sieht der Dehoga-Geschäftsführer darin, für den Lieferdienst nur ein begrenztes Angebot zur Verfügung zu stellen. So habe der Gast immer noch einen Grund, das Restaurant vor Ort zu besuchen.

Foodora-Mitgründer Emanuel Pallua beschwichtigt. Die Gastronomen werden seiner Ansicht nach auch in Zukunft nicht auf die Online-Lieferdienste angewiesen sein und könnten abspringen, falls die Konditionen schlechter würden. „Es ist ja nicht so, dass ein Restaurant dann komplett ohne Geschäft dasteht. Es steht dann eben ohne Lieferservice da.“ Deliveroo-Chef Felix Chrobog sagt: „Der Plan ist definitiv nicht, die Provision hochzutreiben, wenn wir Marktführer sind. Wir sind ja auch auf die Restaurants angewiesen.“ (dpa/ga)

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