Unternehmen aus Ahrweiler Autozulieferer ZF könnte nach Koblenz ziehen

Bad Neuenahr-Ahrweiler · Der Betriebsrat von ZF in Bad Neuenahr-Ahrweiler hat eine Vereinbarung mit der Konzernmutter in Friedrichshafen getroffen, dass für das Werk vorrangig ein Ersatzstandort im Ahrtal gesucht wird. Die Stadt kann sich vorstellen, ein neues Gewerbegebiet zu erschließen. Land und Bund müssten aber helfen.

 Das Werksgelände des Autozulieferers ZF Friedrichshafen in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Dieser Standort soll aufgegeben werden.

Das Werksgelände des Autozulieferers ZF Friedrichshafen in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Dieser Standort soll aufgegeben werden.

Foto: Martin Gausmann

Die Unruhe unter den Mitarbeitern des Autozulieferers ZF in Bad Neuenahr-Ahrweiler ist weiterhin groß, seitdem die Konzernmutter die Aufgabe des Standorts infolge des Juli-Hochwassers angekündigt hat. Am Dienstag konnte zwischen den Betriebsparteien eine Vereinbarung unterzeichnet werden, wonach vorrangig ein neuer Standort im Ahrtal gesucht werden soll. Allerdings schließt das Management von ZF Friedrichshafen nicht aus, auch nach Koblenz zu ziehen, wo ZF ein weiteres Werk betreibt. „Wir hätten dort eine Alternativfläche zur Verfügung“, erklärte Peter Holdmann, der bei ZF den Geschäftsbereich Pkw-Fahrwerktechnik leitet.

Der Zeitplan von ZF ist sehr ambitioniert: Bis zum 30. Juni nächsten Jahres soll bereits eine Entscheidung für einen neuen Standort gefallen sein. Anfang 2024 soll dann der Umzug erfolgen, wie von der Geschäftsführung zugesichert mit den rund 280 Mitarbeitern, die es heute in Bad Neuenahr-Ahrweiler gibt. „Es ist klar, dass diese Arbeitsplätze erhalten bleiben“, sagte Markus Eulenbach, Geschäftsführer der IG Metall Neuwied, wo ZF ebenfalls eine Niederlassung hat.

Empörung im Ahrtal über ZF-Spitze

ZF-Manager Holdmann hatte zuvor auf einer Betriebsversammlung die zahlreich erschienenen Mitarbeiter über die Suche des Unternehmens nach einem neuen Standort informiert. Die Entscheidung zur Standortaufgabe habe im Ahrtal und darüber hinaus zu großer Empörung geführt, teilte die IG Metall mit. „Die Zukunft des Standorts ist nicht alleine mit betriebswirtschaftlichen Kennzahlen zu bewerten. Hier ist seitens des Managements von ZF auch ein hohes Maß an Mitgefühl und Solidarität gefragt“, hieß es weiter.

Das ZF-Werk war im Juli durch die Flut schwer beschädigt worden. In den Hallen hatte der Wasserpegel bis zu zwei Meter hoch gestanden. Verletzt wurde niemand, aber das Hochwasser zerstörte die Maschinen und die Infrastruktur nachhaltig. Die Produktion in Ahrweiler musste erst einmal gestoppt werden. Mitarbeiter, deren Privathäuser selbst in Mitleidenschaft gezogen wurden, stellten die eigenen Aufräumarbeiten hinten an und sorgten dafür, dass das ZF-Werk wieder ans Laufen kam.

Holdmann sagte: „Nicht ein Kunde hat ein Auto verloren aufgrund der Flut.“ Von allen Kernkunden habe ZF „sehr große Komplimente bekommen“, dass der Wiederaufbau so schnell erfolgt sei. Allerdings werden auch derzeit noch einige Tätigkeiten manuell ausgeführt, einige neue Maschinen werden erst zum Jahreswechsel geliefert. Der Ahrweiler Werkleiter Ralf Hunke berichtete, dass erst vor wenigen Tagen wieder Gas vom Versorger geliefert werde, der Strom komme weiter aus Generatoren. An das Stadtnetz werde man erst zum Jahreswechsel angeschlossen werden können.

Bad Neuenahr-Ahrweiler plant neues Gewerbegebiet

Der Bürgermeister von Bad Neuenahr-Ahrweiler, Guido Orthen (CDU), sagte auf der nach der Betriebsversammlung einberufenen Pressekonferenz, er sei dem Betriebsrat „außerordentlich dankbar für die Solidarität mit der Stadt“. ZF ist einer der größten Gewerbesteuerzahler von Bad Neuenahr-Ahrweiler, das um den Verbleib jedes Unternehmens kämpft. Orthen erinnerte daran, dass 80 Prozent der Wirtschaftsbetriebe durch die Flut geschädigt oder zerstört wurden, das seien auch Schäden für die Kommune selbst. „Wir sind ein Tal, wir haben alles, nur keinen Platz.“

Deshalb würde Orthen am liebsten ein neues klimaneutrales Gewerbegebiet erschließen, in das dann ZF ziehen soll. Man führe „vertrauliche Gespräche“, sagte er. ZF hat den Wegzug damit begründet, dass am aktuellen Standort keine Hochwassersicherheit bestehe, die Versicherung habe dem Unternehmen mitgeteilt, dass ab Januar andere Bedingungen gelten würden. Man bemühe sich darum, eine gute Lösung in unmittelbarer Nähe zu finden. Notfalls müssten das Land Rheinland-Pfalz und der Bund helfen. Damit spielte er auf die Überlegungen für ein neues Gewerbegebiet an.

Rheinland-Pfalz will zwischen Stadt und Bund vermitteln

Landesarbeitsminister Alexander Schweitzer (SPD) sagte: „In Mainz schauen wir sehr stark auf ZF.“ Es sei sehr faszinierend und berührend, was dort nach der Flut passiert sei. Irritiert zeigte er sich über die Pläne, Jobs zu verlagern. Holdmann hatte gesagt, wenn man sich für einen Ausbau in Koblenz entscheide, wo noch Platz wäre, werde das Unternehmen die Logistik sicherstellen, damit die Mitarbeiter an den neuen Standort kämen. Schweitzer sagte, die Landesregierung könne mit Blick auf ein neues Gewerbegebiet mindestens eine Mittlerfunktion übernehmen. Denn wenn dieses an das Straßennetz angeschlossen werden muss, ist der Bund für die Planung zuständig.

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