Kliniken in Bad Neuenahr „Wer will Rehabilitation im Trümmerland?“

Bad Neuenahr · Sie war eine Topadresse im Bereich der Rehabilitation: die Orthopädische Fachklinik Kurköln in Bad Neuenahr. Die Flut hat sie zerstört und damit auch das Lebenswerk von Unternehmer Günter Kill. Schwarz sieht er nicht nur für seine Klinik.

 Die Fachklinik Kurköln von Günter Kill in Bad Neuenahr nach der Flutkatastrophe.

Die Fachklinik Kurköln von Günter Kill in Bad Neuenahr nach der Flutkatastrophe.

Foto: Benjamin Westhoff

Günter Kill ist ein Kaufmann alten Schlages. Lange stand der heute 85-Jährige einer Bank vor, ehe er vor 20 Jahren entschied, in Bad Neuenahr eine Klinik zu eröffnen. Die Orthopädische Fachklinik Kurköln an der durch die Flutkatastrophe komplett zerstörten Landgrafenbrücke gilt bundesweit als Top-Adresse im Bereich der Rehabilitation. Das eigentlich grundsolide Unternehmen mit seinen 350 Beschäftigten steht vor dem Nichts. Kill: „Ich sehe mein Lebenswerk zerstört.“

Im Keller steht noch der Schlamm, die Infrastruktur der Reha-Einrichtung ist stark in Mitleidenschaft gezogen, am unmittelbaren Klinikeingang wird gerade die Behelfsbrücke „Landgrafen“ über die Ahr gebaut. Kill ist sich sicher: „Diese Klinik werde ich in den nächsten Jahren nicht wieder öffnen können.“ Selbst wenn der medizinische Bereich wieder intakt wäre und die 340 Klinikbetten wieder zur Verfügung stünden, bliebe das Umfeld über lange Zeit ein einziges Trümmerfeld. Kill: „Hier kann keiner Reha machen.“ Weder stationär noch ambulant.

700.000 Euro monatlich für Personalkosten

700.000 Euro muss Klinikbetreiber Kill Monat für Monat alleine für Personalkosten aufbringen. „Wie soll das gehen ohne Einnahmen?“, fragt er. Der Unternehmer, der stets Investitionen aus der sogenannten Innenfinanzierung – also ohne Kreditaufnahme – stemmen konnte, sieht nun die Insolvenz auf sich zu rollen. Zunächst hat er seine Belegschaft in Kurzarbeit geschickt. Kills Befürchtung ist, dass es zu einer Kündigungswelle des ohnehin raren medizinisch ausgebildeten Fachpersonals kommt. Seine Forderung an die Politik: „Wir Unternehmer müssen jetzt von dem riesigen Ballast der Personalkosten befreit werden.“

Die nächste Sorge: Sollte die Klinik je wieder öffnen können, werde er wohl kaum geeignetes Personal mehr finden. „Wer will hier denn noch arbeiten“, so der Kaufmann und lässt den Blick über die sich weit erstreckende Trümmerlandschaft schweifen, deren Wiederherstellung in eine blühende Landschaft noch sehr viele Jahre dauern wird. Die Politik habe zwar versprochen zu helfen. Herausgekommen sei bislang dabei eine „Soforthilfe“ in Höhe von 5000 Euro. „Das kann man ja nicht ernst nehmen“, kommentiert Unternehmer Kill. Seine Forderung an Bund und Land: „Schnelle Finanzhilfe in sinnvollen Dimensionen.“

14 Kliniken in Bad Neuenahr

So wie ihm geht es natürlich auch den anderen Betreibern der 14 in Bad Neuenahr-Ahrweiler ansässigen Kliniken, die in ihrer Gesamtheit ein äußerst hohes Wirtschaftspotenzial darstellen. Alleine 40 Prozent aller jährlich rund 800.000 Übernachtungen in der Kreisstadt entfallen auf die Kliniken. Kills Prognose: „Lange dauert es nicht mehr, dann stehen hier einige weitere Ruinen herum“. Und blickt auf seine Reha-Klinik, eines der höchsten Gebäude der Kur- und Badestadt.

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