Familienbetrieb Bäckerei Gilgen's in Hennef zwischen Tradition und Quinoasalat

Hennef · Die Traditionsbäckerei Gilgen's aus Hennef wächst trotz schwieriger Umstände in der Branche. Ihr Erfolgsrezept: Trotz Handwerk offen sein für Neues.

Früher machte die Traditionsbäckerei Gilgen's den meisten Umsatz mit Torten. Das ist lange her. Damals zu Beginn des 20. Jahrhunderts, erzählt Inhaber und Konditormeister Franz-Josef Gilgen heute, habe sein Großvater seien Waren auch noch mit einer Kutsche ausgefahren. Aus dieser Tradition heraus, hieß der Familienbetrieb, den der heutige Inhaber 1979 übernahm, eine Zeit lang auch „Gilgen's Tortenkutsche“. Heute wächst das Unternehmen vor allem mit Snacks – eine Entwicklung, die auch der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks beobachtet, weil immer mehr Leute außer Haus essen.

Für Gilgen und seine Ehefrau Manuela ist das Anlass, auf diesem Gebiet immer wieder Neues auszuprobieren. Denn die Kundschaft wird anspruchsvoller. Deshalb finden sie bei Gilgen's nicht nur belegte Brötchen sondern auch Fladenbrote, Quinoa- und Obstsalate. „Wenn sich ein Unternehmen nicht weiterentwickelt hat es auf keine Zukunft“, erklärt Manuela Gilgen. Sie und ihr Mann sehen in der Flexibilität und der Bereitschaft auszuprobieren auch ihr Erfolgsgeheimnis. Vor vielen Jahren hätten Kollegen gesagt, das mit Torten und Snacks tun wir uns nicht an, erzählt Manuela Gilgen. „Bei uns ist das Leidenschaft.“

Und auch Menschen mit Lebensmittelintoleranzen werden hier fündig. Für Kunden mit Glutenunverträglichkeit gibt es ein Brot komplett ohne Getreide. „Die Bäcker, die verschwinden, sind diejenigen, die sich nicht entwickeln und die Produktpalette anpassen“, sagt Franz-Josef Gilgen. Wer dagegen offen sei oder sich spezialisiere, kann seiner Meinung nach auch als einzelner Bäcker sehr gut überleben. Denn in der Branche herrscht ein starker Verdrängungswettbewerb. Discounter backen mittlerweile mit großen Öfen Brötchen für wenige Cent das Stück. Die Zahl der Handwerksbetriebe in Deutschland nimmt stetig ab.

Familienbetrieb in der vierten Generation

Der Familienbetrieb, den die Gilgens heute in der vierten Generation führen, macht aber trotz der starken Nachfrage nach Snacks seinen Hauptumsatz immer noch mit Brot und Brötchen. Das mache etwa 50 Prozent aus, erklärt Manuela Gilgen. Der Jahresumsatz liege bei rund 28 Millionen Euro – Tendenz steigend. Für dieses Ergebnis betreibt das Ehepaar 41 Filialen und beschäftigt 614 Mitarbeiter. Die Filialen verteilen sich auf die Region um Bonn, von Altenkirchen bis zur oberen Sieg, von Sankt Augustin bis Mehlem. „Nur in der Bonner Innenstadt selbst sind wir nicht“, erklärt Franz-Josef Gilgen. Dort seien die Mieten einfach zu teuer.

Um sich inspirieren zu lassen, ist das Ehepaar oft auf Messen unterwegs. Aber auch privat ist Neues ausprobieren bei den beiden immer ein Thema, ob im Urlaub oder bei einem Besuch bei Starbucks in der Bonner Innenstadt. Als die größte Veränderung der letzten zehn Jahre sehen die Inhaber allerdings keine Erneuerungen in der Produktpalette, sondern ihren Ausbau der Fläche und die Entscheidung gastronomischer zu werden. In vielen Filialen gebe es Frühstück, in einer auch selbst gemachte Pasta zum Mittag.

Jede Nacht bis zu 28.000 Brötchen

Moderner werden Bäckereien heutzutage nicht nur bei den Produkten. Auch in der Backstube ist die Zeit nicht stehen geblieben. In Hennef arbeiten rund 100 Mitarbeiter in der Produktion und im Versand. Auf 2600 Quadratmetern Backstube werden jede Nacht zwischen 25.000 bis 28.000 Brötchen gebacken. Dazu kommen Brote, Torten und Feingebäck. Bäcker ist früher wie heute ein anstrengender Beruf, allerdings wird heute mehr auf die Gesundheit der Mitarbeiter geachtet. So sind die Mehlsäcke mit den Jahren immer leichter geworden. „Haben die Säcke früher noch 100 Kilo gewogen, sind es heute nur noch 25 Kilo“, erklärt der Konditormeister.

Das sei natürlich wesentlich rückenschonender. Genauso erleichtere der Hebekipper den Bäckern die Arbeit: eine Vorrichtung, die einen großen Bottich mit Teig nach oben fährt und auf den Tisch kippt, wo die Bäcker damit dann die Brote von Hand formen. „Früher musste man sich immer wieder in den Bottich beugen“, so Gilgen. Die große Backstube in Hennef ist hell, mittags gegen 14 Uhr räumen die letzten Bäcker hier die Geräte weg. Um die Uhrzeit ist hier Feierabend.

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