Angst vor Negativzinsen Banken wollen Verbraucher verschonen

Köln · Seit fünf Jahren zahlen Kreditinstitute Straf- oder Negativzinsen für Liquiditätsüberschüsse, die sie bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. Derzeit sind es 0,4 Prozent.

Laut Bundesverband Deutscher Banken haben deutsche Institute im vorigen Jahr 2,3 Milliarden Euro dafür aufgewendet. Verbandssprecher Thomas Schlüter erklärt, die Zahlung würde auf 2,9 Milliarden Euro steigen, wenn die EZB ihre Gangart noch verschärfe und den Strafzins etwa auf 0,5 Prozent erhöhe. Von ihren Kunden holen sich die Institute auf gleichem Wege nur einen ganz geringen Anteil.

Üblich ist, dass Firmenkunden und institutionelle Anleger nach eingehender Beratung und per individueller Vereinbarung zur Kasse gebeten werden, wenn ihr Guthaben auf dem Girokonto bestimmte Beträge überschreitet. Die Volksbank Köln-Bonn zieht die Grenze bei siebenstelligen Summen, die Sparkasse Köln-Bonn in der Regel auf gleichem Niveau bei einer Million Euro. Die Postbank will keinen Betrag nennen. Ganz eindeutig erklärt sich die Kreissparkasse Köln: Freibetrag 500.000 Euro, 0,4 Prozent „Verwahrentgelt“ auf das den Freibetrag übersteigende Guthaben.

Offiziell ist von "Verwahrentgelt" die Rede

Betroffen sind institutionelle Anleger, Firmenkunden und kommunale Kunden. Allein 2018 hat die Kreissparkasse Köln nach ihren Angaben über zehn Millionen Euro Negativzinsen gezahlt. Das Verwahrentgelt decke nur einen Bruchteil davon ab.

Verwahrentgelt ist eine Umschreibung für Negativzinsen nach dem Motto: Wir nehmen Ihr Geld in Verwahrung, und Sie bezahlen uns dafür. Je länger die Nullzinspolitik der EZB dauert, desto mehr wird darüber diskutiert, ob nicht auch private Kunden belastet werden sollten. Das geschieht auch schon, jedenfalls soweit es sich um vermögende Leute handelt. So verlangt die Sparkasse Hamburg (Haspa), die größte im Bundesgebiet, von Privatpersonen für Guthaben, soweit sie über 500.000 Euro hinausgehen, 0,4 Prozent an Negativzinsen. Die Volksbank Köln-Bonn, die Sparkasse Köln-Bonn, die Postbank und die Kreissparkasse Köln verschonen bisher generell private Kunden. Die Sparkasse Köln-Bonn beobachtet die aktuelle Entwicklung. Ein Sprecher: „Unser Ziel ist, dass es für die weit überwiegende Zahl unserer Kunden so lange wie möglich kein Verwahrentgelt gibt.“

Für Negativzinsen müssten die Geschäftsbedingungen geändert werden

Soweit es sich um große Kunden handelt, können die Kreditinstitute mit ihnen in Einzelvereinbarungen Negativzinsen festlegen. Wollte man weite Kreise privater Kunden erfassen, müssten wohl die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geändert werden. David Riechmann von der Verbraucherzentrale NRW meint, auf dem üblichen Wege (Mitteilung an den Kunden, Schweigen bedeutet Zustimmung) könne man das nicht bewerkstelligen, denn „Negativzinsen wären ein drastischer Eingriff in das Modell des Girokontos“.

Rechtliche Bedenken und Angst vor einem Aufschrei der Öffentlichkeit mahnen die Institute zur Zurückhaltung. „Die Kreditwirtschaft möchte auf breiter Front vermeiden, dass private Kunden generell mit Negativzinsen belastet werden.“ So fasst Sprecher Stefan Marotzke die Beobachtungen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes zusammen. Kreditinstitute versuchten, sich durch andere Erträge schadlos zu halten, auch durch Entgelte rund um das Girokonto. Tatsächlich sind Banken und Sparkassen mit Gebühren für dieses und jenes ganz schön erfinderisch.

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