GA-Interview Bernhard Mattes: "Wir wollen Verkehr flüssiger machen"

Köln · Mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der Kölner Ford-Werke GmbH, Bernhard Mattes, sprachen Ralf Arenz, Julian Stech und Andreas Tyrock.

 "Diesel- und Benzinmotoren bleiben führend": Bernhard Mattes beim General-Anzeiger.

"Diesel- und Benzinmotoren bleiben führend": Bernhard Mattes beim General-Anzeiger.

Foto: Volker Lannert

Die Bundesregierung will bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutsche Straßen bringen. Wie sieht Ihrer Ansicht nach das Auto der Zukunft aus?
Mattes: Unsere Einschätzung ist, dass auch im Zeitraum 2020/2025 immer noch etwa drei Viertel aller Autos Diesel- oder Benzin-Motoren haben werden. Daneben wird es vor allem hybridisierte Fahrzeuge geben, rein batterie-elektrische Fahrzeuge werden den kleineren Anteil davon ausmachen. Der zweite große Trend wird die Vernetzung sein, dazu zählt nicht nur die Sprachsteuerung zur Bedienung, sondern auch die Vernetzung mit anderen Autos zur Verbesserung der aktiven und passiven Sicherheit, die Vernetzung mit der Umwelt und Vernetzung mit der Infrastruktur Das sind für uns wichtige Themen, auch um den Verkehr flüssiger zu machen.

Wird denn das Ziel der Bundesregierung von einer Million Elektrofahrzeugen 2020 erreicht?
Mattes: Derzeit sprechen die Zahlen nicht dafür. Auf der anderen Seite sehen wir aber, dass bei den Betreibern von Flotten das Interesse an Elektrofahrzeugen steigt. Je mehr verkauft werden, desto billiger werden sie, da die Preise für die Speichermedien durch größere Volumina sinken werden

Sie sprachen von Vernetzung - wird das fahrerlose Auto bald Wirklichkeit?
Mattes: Nein, wir setzen auch langfristig auf vollverantwortliche Fahrer. Wir können im Sicherheitsbereich Entlastung bieten beispielsweise auch bei Staus oder Stopp und Go durch Radarsysteme. Aber Augen auf die Straße und Hand ans Lenkrad sind das Grundprinzip der künftigen Vernetzung.

Dem Ford-Konzern geht es gut, in Europa fallen hohe Verluste an. Warum?
Mattes: Es werden europaweit deutlich weniger Autos verkauft. Früher waren es 18 Millionen pro Jahr, jetzt sind es 14 Millionen. Bei unserem Marktanteil von acht Prozent spüren wir das deutlich. In Südeuropa sind die Märkte teilweise stark eingebrochen. Außerdem gibt es Überkapazitäten.

Wie reagieren Sie darauf?
Mattes: Unsere klare Zielsetzung ist es, die Produktion an die Nachfrage anzupassen. In Köln haben wir das mit Kurzarbeit bewerkstelligt: Nach sieben Tagen - verteilt auf die Monate Mai und Juni - vor den Werksferien gibt es auch im September an drei Tagen Kurzarbeit. Zugleich bringen wir neue Produkte auf den Markt wie den Ford B-MAX, der im Kleinwagen-Segment als Van komplett neu ist sowie neue Technologien bei den Motoren oder beim Infotainment. Das wird auch der Marke einen Schub verleihen. Als dritten Baustein senken wir die Kosten und steigern die Effizienz.

Sie sagen, der europäische Markt hat strukturelle Probleme. Haben Sie ein Werk zu viel?
Mattes: Wir passen Nachfrage und Produktion flexibel an und stützen uns darauf, zusätzliche Produkte einzuführen. Der Ford B-MAX wird komplett in dem rumänischen Werk in Craiova gebaut. Wir schauen in alle Bereiche unseres Unternehmens, um Verbesserungen umzusetzen. Über mögliche weitere Schritte zur Produktionsanpassung spekulieren wir aber nicht.

Sie haben 2011 den Marktanteil auf 7,3 Prozent erhöht. Wie sind ihre Pläne für 2012?
Mattes: Wir wollen eine sieben vor dem Komma. Wir machen aber keine Geschäfte, sie sich nicht lohnen, sondern nur das Volumensteigern.

Bei Internethändlern gibt es den aktuellen Fiesta mit 35 Prozent Rabatt, den B-Max mit 22,5 Prozent...
Mattes: Gerade beim Ford B-MAX kann ich das nicht nachvollziehen, weil wir den Wagen noch gar nicht beim Handel haben. Wir beobachten bei Internetangeboten auch Lockangebote, um das Interesse zu testen.

Sie sind als Markensponsor auch beim 1. FC Köln dabei. Sind Sie mit der derzeitigen Entwicklung dort zufrieden?
Mattes: Mit der Partnerschaft mit dem 1. FC Köln sind wir zufrieden. Mit der aktuellen Situation und der Berichterstattung darüber können wir nicht zufrieden sein. Wir müssen aktiv mitarbeiten, das zu verändern. Wenn ich mir anschaue, dass der harte Kern der Fans in der Südkurve nach dem Spiel gegen Cottbus geblieben ist und die Mannschaft mit Beifall ermuntert hat, weiter zu machen und an sich zu glauben, dann ist das auch ein gutes Zeichen, dass in der Fankultur einiges passiert ist. Einzelne Vorfälle in der jüngsten Zeit sind unentschuldbar und müssen mit allen Mitteln verfolgt werden, damit die, die dafür verantwortlich sind, auch zur Verantwortung gezogen werden.

Wie sieht es mit dem Automobilstandort Köln im Jahr 2020 aus? Wird Ford dann noch immer gut 17.000 Beschäftigte haben?Mattes: Das Jahr 2020 ist doch etwas zu weit in die Zukunft geblickt, da schauen wir aktuell eher in die nähere Zukunft: Wir haben derzeit die siebte Generation des Ford Fiesta am Standort sowie ein Getriebewerk und ein Motorenwerk, das gerade mit einem sehr innovativen Produkt angelaufen ist. Wir sind da sehr wettbewerbsfähig und wollen das bleiben.

Zur Person:
Bernhard Mattes wurde am 8. Juli 1956 in Wolfsburg geboren. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hohenheim fing er 1982 bei BMW an. 1999 wechselte er in den Vorstand der damals noch als AG firmierenden Ford-Werke und kam dort 2002 an die Spitze. Mattes ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der Manager ist Fan des 1. FC Köln.

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