Zwischen Staub und Baggern Betreiber bauen nach der Flut im Ahrtal das Netz wieder auf

Altenahr · Ein Glasfaserkabel über die Ahr, Technikcontainer und ein mobiler Funkmast: Netzbetreiber wie die Telekom versuchen mit besonderen Maßnahmen nach der Flutkatastrophe in der Region, Mobilfunk- und Festnetz wiederherzustellen.

 Die Telekom baut mobilen Funkmast in Altenahr auf.

Die Telekom baut mobilen Funkmast in Altenahr auf.

Foto: Benjamin Westhoff

Zwischen Staub und Baggern zieht ein Mann in blauer Arbeitskluft und mit grünen Handschuhen Stück für Stück ein Glasfaserkabel aus einem Rohr, das an einer Ahr-Brücke befestigt ist. In seinen Händen hält er einen wichtigen Baustein für die Wiederherstellung des Mobilfunk- und Festnetzes in Altenahr und Umgebung.

Das Mobilfunknetz ist im Katastrophengebiet Ahrtal für Anwohner und Helfer unerlässlich. Mit einem zweieinhalb Kilometer langen Glasfaserkabel, einem magentafarbenen Container mit ausfahrbarem Mobilfunkmast und einem weißen Container will das sogenannte Disaster Recovery Team der Telekom am Dienstag das Mobilfunknetz verbessern und eine Basis für die Wiederherstellung des Festnetzes schaffen.

„Beim Mobilfunk haben wir, was die Versorgung angeht, den Status quo vor der Umweltkatastrophe wiederhergestellt, aber nicht, was die Technologie angeht“, sagt Telekom-Pressesprecher Husam Azrak. Normalerweise laufen die Mobilfunkmasten über Glasfaser. Um die Standorte schnell wieder ans Netz zu bringen, nutzt die Telekom als Verbindung zwischen Mobilfunkmasten Richtfunk. Dabei muss zwischen den Schüsseln „Sichtkontakt“ bestehen.

Wiederherstellung des Festnetzes dauert länger

Das Festnetz im Katastrophengebiet wiederherzustellen wird laut Azrak noch mehrere Wochen bis Monate dauern. Normalerweise sieht die Infrastruktur dafür so aus: Von Verteilzentren wie dem in Altenahr aus verlaufen etwa 1000 Glasfaserkabel unterirdisch über Kabelverzweiger – das sind die grauen Kästen am Straßenrand – zu den einzelnen Häusern. Was das Hochwasser wie stark beschädigt hat, muss in jedem Abschnitt geprüft werden.

Zunächst aber kümmert sich die Telekom um Ersatz für das Verteilzentrum in Altenahr, ein gekacheltes Gebäude so groß wie ein Einfamilienhaus. Es liegt 50 Meter von der Ahr entfernt, wurde vom Hochwasser komplett geflutet und ist nun abrissreif. Aus den Eingängen ragen Äste, Kabelreste und Müll. Der weiße, unscheinbare Container daneben beherbergt die gleiche technische Ausstattung, wenn auch in kleinem Maßstab, erzählt Azrak. So ein provisorisches Verteilzentrum mit Platinen, Netzwerkkabeln, Routern und Servern hat die Telekom bereits in Gerolstein errichtet.

„Wir kompensieren noch viel mit Mobilfunk“, erklärt Azrak. Ein mobiler Funkmast soll zusätzliche Kapazitäten schaffen, weil Anwohner und Helfer gerade besonders viel telefonieren. „Der Bedarf ist viel höher“, sagt Azrak. Montagnacht wurde der pinkfarbene Container per Schwerttransport nach Altenahr geliefert und vor dem Verteilzentrum aufgestellt. Noch ist nur ein Kasten zu sehen, der leicht erhöht auf vier Stahlfüßen steht. Von hier aus wird später der 20 Meter hohe Mobilfunkmast ausgefahren.

Drei Telekom-Mitarbeiter montieren den Mast. Diese mobile Konstruktion kommt im Notfall zum Einsatz oder bei Großveranstaltungen wie Festivals, erzählt Telekom-Pressesprecher Hubertus Kischkewitz: „Wir hoffen, dass der Mobilfunkmast übermorgen in Betrieb ist.“ Es ist der erste zusätzliche Mast dieser Art, fügt Azrak hinzu. Es wären aber weitere möglich.

Mitarbeiter verlegen Glasfaser über die Ahr hinweg

Um beide Container in Betrieb zu nehmen, braucht es eine Glasfaserverbindung. Dafür rollt ein Telekom-Mitarbeiter Glasfaser von einer Kabeltrommel am Verteilzentrum Stück für Stück ab. Er telefoniert mit dem Kollegen am anderen Ufer der Ahr und bekommt Kommandos, wann er wieder Kabel nachgeben soll. Auf der anderen Seite ziehen Mitarbeiter wie der Mann mit den grünen Handschuhen das Kabel immer weiter durch ein Rohr.

Drei Mal muss das Kabel die Ahr queren, bis es nach 2,5 Kilometern hoffentlich heute noch Kreuzberg erreicht, einen Ortsteil von Altenahr. Dieses Ende wird dann dort an ein intaktes Verteilzentrum angeschlossen. Wenn alles abgerollt ist, soll das andere Ende des Glasfaserkabels am zerstörten Verteilzentrum wiederum an den weißen Container und den mobilen Funkmast angeschlossen werden.

So verlegt die Telekom sonst nicht die Kabel. „Normalerweise graben wir einen Tunnel unter dem Fluss durch“, erzählt Azrak. Diese Gerätschaften ins Krisengebiet zu schaffen sei aber unmöglich, weshalb das Kabel nun hängend bis nach Kreuzberg verlegt werden muss. Am Dienstagvormittag haben die Telekom-Mitarbeiter etwa die Hälfte geschafft. Immer wieder sind Fahrzeuge anderer Firmen im Weg und die Techniker müssen umplanen.

„Voraussichtlich wird bis Freitag das Kabel verlegt und angeschlossen sein. Dann wird auch der Mobilfunkmast in Betrieb sein“, sagt Azrak. Insgesamt seien in allen Hochwassergebieten 2000 Mitarbeiter der Telekom im Einsatz.

Während das Mobilfunknetz soweit wiederhergestellt ist, müssen einige Kunden noch länger auf Festnetz warten. „Knapp 40.000 Anschlüsse sind noch nicht wieder am Netz – das ist ein Drittel der Gesamtzahl der gestörten Kundenanschlüsse“, erklärt Azrak. Teilweise nutze die Telekom die Gelegenheit, die Technologie nicht nur zu reparieren, sondern auch zu erneuern. Das könnte teilweise Monate dauern. „Solange gibt es aber die Überbrückung über Mobilfunk.“

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