Prozess in Köln Bewährungsstrafe für Telekom-Hacker

Köln · Das Landgericht Köln hat einen 29-jährigen Briten wegen schwerer Computersabotage zu einem Jahr und acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der Hacker hatte im vergangenen Jahr reihenweise Router der Telekom lahmgelegt.

 Beim Gerichtsprozess in Köln war der 29-Jährige geständig: Die Telekom-Router lahmzulegen, war nicht sein eigentliches Ziel.

Beim Gerichtsprozess in Köln war der 29-Jährige geständig: Die Telekom-Router lahmzulegen, war nicht sein eigentliches Ziel.

Foto: dpa

Kurz bevor der Vorsitzende Richter der 18. Großen Strafkammer dazu ansetzt, das Urteil zu sprechen, sucht der Angeklagte Leonard H. (Name geändert) den Blick seiner Verlobten im Zuschauerraum und flüstert „I love you“. Kurz darauf wird er wegen versuchter schwerer Computersabotage zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Der Vorsitzende hebt den Haftbefehl am letzten Prozesstag zwar auf – frei ist Leonard H. damit aber nicht. Er muss in Auslieferungshaft, weil ihm in seinem Heimatland ein weiteres Verfahren droht. Er soll unter anderem versucht haben, die Banken Barclays und Lloyds zu erpressen.

Unter den Decknamen „Peter Parker“ und „Spiderman“ startete der 29-jährige Brite im November vergangenen Jahres im Auftrag eines liberianischen Telekommunikationsunternehmens einen weltweiten Angriff auf Router. Der Hacker baute ein sogenanntes Botnet mit dem Ziel, einen Konkurrenten seines Auftraggebers in Liberia zu diskreditieren. Bei Botnetzen werden internetfähige Geräte zusammengeschaltet, um sie dann beispielsweise zum Verschicken von Spam-Mails zu nutzen und Server lahmzulegen. 10 000 US-Dollar erhielt Leonard H. für diesen illegalen Dienst.

Dass er nebenbei 1,25 Millionen Telekom-Router lahmlegte, erfuhr der Angeklagte erst aus den Medien, wie er in seinem Geständnis gesagt hatte. „Oh shit“, habe er da gedacht. Das Unternehmen bezifferte den Schaden auf mehr als zwei Millionen Euro. Auch die Kölner Stadtentwässerungs-Betriebe waren betroffen, Mitarbeiter konnten auf etliche Geräte nicht mehr zugreifen. Sein „umfassendes, rückhaltloses Geständnis“ kam Leonard H. nun zugute. „Wir nehmen Ihnen Ihre Reue auch ab“, sagte der vorsitzende Richter Christof Wuttke. Es sei letztlich kein dauerhafter Schaden entstanden, Leonard H. war vorher noch nie straffällig geworden. Sein Motiv war Geldnot. Er habe kein Geld gehabt, um seine Verlobte zu heiraten, hatte der Angeklagte am ersten Prozesstag gesagt. Das Paar lebte auf Zypern, bis der 29-Jährige vor fünf Monaten auf dem Londoner Flughafen verhaftet und nach Deutschland gebracht wurde. Seine Verlobte und seine Mutter besuchten ihn immer wieder im Gefängnis. Der Vorsitzende sieht in ihm „keinen gewachsenen Kriminellen“.

Im Netz hatte er viele Spuren hinterlassen, konnte so letztlich recht einfach von den Ermittlern identifiziert werden. „Es tut mir wirklich leid, was ich gemacht habe“, sagte der Angeklagte in seinem Schlusswort. Und als der Vorsitzende später sagt: „Ich bin sicher, dass Sie einen solchen Auftrag auch für 30 000 Dollar nicht noch einmal annehmen würden“, nickt Leonard H. ihm zu.

Sein Verteidiger Markus Bündgens führte in seinem Plädoyer aus, wie sehr die Haft seinem Mandanten zusetzte: „Er hat dort lange keinen Anschluss gefunden, weil er kein Deutsch kann.“ Leonard H. ist Diabetiker, auch der Umgang mit der Krankheit sei im Gefängnis schwer gewesen. Und nun schwebe das weitere Ermittlungsverfahren in Großbritannien wie ein „Damoklesschwert“ über seinem Mandanten.

Mit ihrem bereits am zweiten Verhandlungstag verkündeten Urteil blieb die Kölner Strafkammer knapp unter der Strafmaßforderung der Staatsanwaltschaft, die zwei Jahre Haft auf Bewährung beantragt hatte.

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