Günstiger Ölpreis Billiges Öl heizt Konjunktur in der Region an

BONN · Der Einbruch der Ölpreise auf dem Weltmarkt sorgt bei Wirtschaft und Verbrauchern in der Region Köln/Bonn für gute Stimmung. Viele Unternehmen rechnen mit einer deutlichen Entlastung bei den Energiekosten.

 Die sind leer: Auf dem Gelände einer Recyclingfirma in Hamburg werden Ölfässer gestapelt, um sie später zu reinigen und neu zu befüllen.

Die sind leer: Auf dem Gelände einer Recyclingfirma in Hamburg werden Ölfässer gestapelt, um sie später zu reinigen und neu zu befüllen.

Foto: dpa

"Der billige Sprit ist eine Konjunkturstütze, die uns in der Region dieses Jahr bis zu 0,3 Prozentpunkte Zusatzwachstum bringen kann", sagt Michael Schmaus, Konjunkturexperte der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn Rhein-Sieg. Derzeit profitiere vor allem das Verkehrsgewerbe und die Industrie vom Billigsprit. "Inwieweit das Geld, das die Verbraucher beim Tanken sparen, auch im Einzelhandel ankommt, bleibt abzuwarten", sagt Schmaus.

Ulf Reichardt, Hauptgeschäftsführer der IHK Köln, verspricht sich vom drastischen Rückgang der Ölpreise ebenfalls Rückenwind. "Für die regionale Wirtschaft ist der sinkende Ölpreis ein positives konjunkturelles Signal. Viele Branchen profitieren, und wir erhoffen uns dadurch Wachstumsimpulse." Der Häfen und Güter Verkehr Köln (HGK) kommt der Preisrutsch gerade recht, nicht zuletzt wegen des durch den milden Winter angespannten Kohlemarktes. "Wir hoffen jetzt auf Impulse für den Godorfer Hafen", sagte HGK-Sprecher Michael Fuchs. Der Bonner Hafen war gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Ähnlich hoffnungsvoll gibt man sich bei der Kölner Igus, einem großen Hersteller von Energieketten aus Kunststoff mit rund 2400 Mitarbeitern weltweit. Bisher seien Auswirkungen auf den Einkauf von Rohstoffen aber nicht spürbar. Beim Chemiekonzern Evonik mit Standorten Lülsdorf und Wesseling ist eine Entlastung denkbar, allerdings hängt nur ein Viertel des Einkaufsvolumens unmittelbar an der Petrochemie. Shell, die die größte deutsche Raffinerie in Godorf betreibt, will sich in zwei Wochen bei der Präsentation des Jahresabschlusses zum fallenden Ölpreis äußern. Die Stadtwerke Bonn sparen im Busverkehr derzeit viel Geld beim Diesel, Zahlen wollte ein Sprecher aber nicht nennen. "Die Entwicklung ist hier seit 2013 positiv", sagte er lediglich.

Beim Logistikriesen Deutsche Post DHL sind Veränderungen bei den Kraftstoffpreisen nach Darstellung des Unternehmens bei den Preisen berücksichtigt, etwa bei Treibstoffzuschlägen in der Express-Branche. Insgesamt sei der Effekt auf das Konzernergebnis daher eher klein. "Langfristig könnte ein niedriger Ölpreis zu einem höheren Handelsaufkommen und daher zu höheren Volumina innerhalb der Logistikbranche führen", so eine Sprecherin des Bonner Konzerns.

Der Lufthansa geben die stark gesunkenen Ölpreise Aufwind. Zwar bremsen der schwächere Euro sowie die Absicherungspolitik des Konzerns die positiven Effekte des Ölpreisverfalls, doch wird die Treibstoffrechnung für 2015 nach Angaben von Finanzchefin Simone Mennes mit 5,8 Milliarden Euro um rund 900 Millionen Euro niedriger ausfallen als im abgelaufenen Jahr. Ob die Verbilligung der Treibstoffpreise bei den Kunden ankommt, ist noch fraglich. Bei ihren Berechnungen geht die Lufthansa von einem Preis von 68 Dollar je Fass der Nordseesorte Brent und einem Eurokurs von 1,24 US-Dollar aus. Aktuell liegt der Ölpreis sogar unter der Marke von 50 Dollar, der Eurokurs bei nur noch 1,18 Dollar. Um im laufenden Jahr stärker von einem fallenden Ölpreis profitieren zu können, wird die Lufthansa ihre Absicherungsquote von bisher 79 auf 73 Prozent des Treibstoffbedarfs reduzieren.

Die Ersparnisse könnten nicht eins zu eins in Gewinn umgerechnet werden, erläuterte ein Sprecher der Fluggesellschaft. So seien wegen des starken Konkurrenzdrucks die Ticketpreise unter Druck und die Netto-Erlöse weiter rückläufig. Lufthansa habe zudem mit dem ungünstigen Dollarkurs zu kämpfen.

Trotz des monatelangen Pilotenstreiks hat der Lufthansa-Konzern im vergangenen Jahr abermals die Marke von 100 Millionen Passagieren übertroffen. 2014 steigerte die Lufthansa die Zahl der Fluggäste um 1,3 Prozent auf 106 Millionen, wie Europas größte Fluggesellschaft bekanntgab. Zudem waren die Flieger besser ausgelastet: der Sitzladefaktor stieg um 0,3 Prozentpunkte auf 80,1 Prozent, im Schnitt waren also acht von zehn Sitzen besetzt. Die Piloten legten die Kranich-Airline seit April allerdings bereits zehn Mal lahm. Der Schaden summiert sich auf 200 Millionen Euro.

Händler horten Öl

Internationale Ölhändler haben damit begonnen, das billige Rohöl in der Hoffnung auf steigende Preise in Supertankern zu horten. Nach Informationen des "Handelsblatt" bunkert allein der 380 Meter lange Supertanker TI Oceania fast eine halbe Milliarde Liter Rohöl. Von fünf Tankern ist derzeit die Rede, die sich für voraussichtlich ein Jahr in schwimmende Öllager verwandeln. Steigt der Preis bis dahin um mehr als sieben Dollar je Barrel, machen die Händler Gewinn.

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