Klage gegen IHK Bonn/Rhein-Sieg Azubi aus der Region zieht nach Abschlussprüfung vor Gericht
Bonn/Münster · Ein angehender Koch durfte seine praktische Abschlussprüfungen, die er mehrmals nicht bestanden hatte, wiederholen. Er zog vor das Oberverwaltungsgericht NRW in Münster. Dies gab nun sein Urteil gegen die IHK Bonn/Rhein-Sieg bekannt – mit Folgen für deren Prüfungsverfahren.
Streit um die Abschlussprüfung: Ein angehender Koch hatte mit seinem Antrag vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW in Münster Erfolg und durfte seine praktische Abschlussprüfung wiederholen, die er mehrmals nicht bestanden hatte. Das Gericht begründete den Beschluss mit einem Verfahrensfehler der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg, die für die Prüfung am 19. November 2020 weniger Prüfer eingesetzt hatte als bei den Prüfungen, die der Kläger 2018, 2019 und 2020 bereits abgelegt, aber nicht bestanden hatte. Für die IHK Bonn/Rhein-Sieg hat der Beschluss Konsequenzen.
„Zur Gewährleistung der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes)“ müsse die konkrete Zahl der Prüfer rechtlich bindend festgelegt werden – zumindest über Verwaltungsanweisungen, heißt es zur Begründung des Beschlusses. Das war bei der Prüfung des Kochs nicht der Fall: Weder das Berufsbildungsgesetz (BBiG) noch die Ausbildungsordnung und auch nicht die Prüfungsordnung der IHK hätten die Prüferanzahl hinreichend bestimmt, erläuterte Jürgen Hindenberg, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung bei der IHK Bonn/Rhein-Sieg. „Da es nirgendwo schriftlich stand, hat das Oberverwaltungsgericht das nochmal geklärt“, sagte er. „Dem Auszubildenden sind keine Nachteile entstanden.“ Der Koch habe eine neue Prüfung gemacht und bestanden.
Ein fehlerhaftes Verwaltungsverfahren
„Es war ärgerlich“, sagte Hindenberg. Das „fehlerhafte Verwaltungsverfahren“ sei vermeidbar gewesen. Das OVG berief sich nämlich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. Oktober 2020 zur staatlichen Ergänzungsprüfung für Notfallsanitäter. Demnach muss die Anzahl der Prüfer, solange es keine rechtliche Regelung gibt, durch die zuständige Behörde in der Verwaltungspraxis festgelegt werden. Seit diesem Urteil hätte es klar sein sollen, erklärte Hindenberg, aber weil es sich um keine Ausbildung im Zuständigkeitsbereich der IHK oder des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) handelte, war in Fachkreisen strittig, ob es auch Auswirkungen auf eine IHK-Prüfung hätte. Bis zur Klage des Auszubildenden war die Anzahl der Prüfer nie in Frage gestellt worden, so Hindenberg. Verfahren wie diese seien bei 10.000 Prüfungen im Jahr eine Seltenheit.
Um die Regelungslücke zu schließen, hat die IHK laut Hindenberg nun eine dokumentierte Verwaltungsanweisung erlassen, nach der die Gremien künftig aus drei Personen bestehen sollen. Diese gelte bis zum Erlass einer neuen Prüfungsordnung. Die Frage, wie diese geändert werden soll, habe die IHK Bonn/Rhein-Sieg an den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Berlin weitergeleitet, der wiederum im Hauptausschuss des Berufsbildungsgesetzes vertreten ist. Inwieweit sich der Bund entschließe, das Gesetz dementsprechend zu ändern, sei noch unklar. Aktuell ist dort lediglich eine Mindestanzahl an Prüfern festgelegt.
Wie sieht es bei anderen Kammern aus, die Prüfungsverfahren durchführen? Nach Einschätzung der zuständigen Fachabteilung der Handwerkskammer zu Köln ergibt sich im Hinblick auf den Beschluss des OVG für die Kammer kein Handlungsbedarf, wie Pressereferent Arne Schröder mitteilte. In der Prüfungsordnung sei genau festgelegt, dass ein Prüfungsausschuss stets aus drei Prüfern bestehe, die paritätisch aus den Feldern Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Lehrer besetzt würden. „Diese drei Personen haben jeweils einen oder mehrere Vertreter, für den Fall, dass sie aufgrund irgendwelcher Vorkommnisse ausfallen“, erklärte Schröder. Die Handwerkskammer zu Köln verfahre bei all ihren Prüfungen nach diesen Vorgaben. „Sofern anderenorts nicht so verfahren wird und hieraus ein Verfahren folgt, liegt die Bewertung beim Gericht. Dies hat keine Auswirkungen auf die von uns betreuten Prüfungsdurchläufe.“