Konjunkturumfrage in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis Optimismus in den Branchen unterscheidet sich stark

Bonn · Bei der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg zeigen sich deutliche Branchenunterschiede. Während es in der Industrie volle Auftragsbücher gibt, sehen Gastronomie und Einzelhandel düster in die Zukunft.

 Nach seinem Tief im Mai 2020 hat sich der IHK-Konjunkturklimaindex für die Region deutlich erholt.

Nach seinem Tief im Mai 2020 hat sich der IHK-Konjunkturklimaindex für die Region deutlich erholt.

Foto: dpa/GA/dpa

Es geht bergauf: Erstmals seit Beginn der Pandemie erreicht der Konjunkturklimaindikator der Industrie- und Handelskammer Bonn-Rhein-Sieg wieder die 100-Punkte-Grenze. Bei einem Stand von 100 gibt es genauso viele optimistische wie pessimistische Auskünfte. Vor einem Jahr hatte der Wert bei 67,2 Punkten gelegen. Die IHK befragte im April ihre Mitgliedsunternehmen nach Lage und Erwartungen. Das wird zum Konjunkturklimaindex zusammengefasst.

Allerdings gibt es zwischen den Branchen deutliche Unterschiede: Dem Aufwärtstrend in der Industrie und bei einem Teil der Dienstleistungen stehen die schwierige wirtschaftliche Lage in der Gastronomie und dem Einzelhandel gegenüber. „Die Unternehmen hoffen auf ein Abflauen der dritten Welle und damit verbunden auf weitere Lockerungen und Freiheiten“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille bei der Vorstellung des Wirtschaftslageberichts der IHK.

Für den Re-Start benötige die Wirtschaft jedoch weitere finanzielle Unterstützung etwa für den Einsatz von Personal oder den Einkauf von Waren durch Liquiditätszuschüsse oder kleine Bürgschaften. Darüber stehe die IHK mit dem Land NRW in Gesprächen, habe aber noch nichts erreicht.

Ein Viertel rechnet mit weiterer Verschlechterung

Fast 30 Prozent der Betriebe gehen in den kommenden Monaten von einer Verbesserung der Geschäfte aus, nur noch jedes vierte Unternehmen rechnet mit einer weiteren Verschlechterung. Dass die Krise noch nicht überwunden ist, verdeutlichten die Bewertungen der Geschäftslage. Jedes dritte Unternehmen ist nach wie vor unzufrieden, nur 28 Prozent berichten von gut laufenden Geschäften. Hille: „Insbesondere im Gastgewerbe sind viele Betriebe noch immer von Schließungen und sehr starken Einschränkungen betroffen.

Dementsprechend herrscht Zurückhaltung bei der Einstellungsbereitschaft von neuem Personal. 19 Prozent wollen die Beschäftigung erhöhen, 23 Prozent planen mit einem Beschäftigungsabbau. Der starke Anstieg der Arbeitslosigkeit in Bonn bereitet IHK-Präsident Stefan Hagen, der sich im Herbst zur Wiederwahl stellt, sofern er wieder in die Vollversammlung gewählt wird, Sorge. Bonn sei ein starker Standort für Kongresse und Hotellerie. Er geht davon aus, dass ein Teil der Arbeitslosigkeit nach dem Wiederhochfahren der Wirtschaft bleibt, weil mehr geschäftliche Treffen dauerhaft digital stattfinden werden.

Dienstleistungen: Der IHK-Geschäftsklimaindex für die Dienstleistungsbranche legt zum dritten Mal in Folge zu. Mit den jetzt erreichten 108 Punkten (Jahresbeginn: 99 Punkte) setzt sich die Erholung fort.

Industrie: In der Industrie erwartet ein Drittel der Unternehmen eine Verbesserung. Grundlage sind laut IHK mehr Auftragseingänge aus dem Inland und steigende Exporterwartungen. Mit 117 Punkten legt der Geschäftsklimaindex gegenüber dem Jahresbeginn um sieben Punkte zu und liegt deutlich über dem Ausgangsniveau vor der Krise.

Einzelhandel: Der Geschäftsklimaindex für den Einzelhandel bewegt sich weiterhin im negativen Bereich, zeigt aber im Frühsommer immerhin eine positive Tendenz. 76 Punkte bedeuten gegenüber dem Jahresbeginn eine Zunahme um 21 Punkte. Der Grund für diesen Anstieg liegt allein an den besseren Erwartungen.

Informations- und Kommunikationsbranche: Der IHK-Geschäftsklimaindex in der Informations- und Kommunikationsbranche bleibt im Frühsommer konstant bei 105 Punkten.

Gastgewerbe: Der Geschäftsklimaindex für das Gastgewerbe fällt im Frühsommer von 41 auf 33 Punkte. „Die Geschäftslage in der Gastronomie bleibt unverändert miserabel und zahlreichen Unternehmen droht das Aus“, sagt Hille. Nötig seien planbare Öffnungsperspektiven. 84 Prozent der Unternehmen bezeichnen ihre Situation als schlecht. Bei 75 Prozent ist die Auslastung sogar noch einmal gesunken.

Verkehr: Der IHK-Geschäftsklimaindex für die Verkehrsbranche steigt von 49 auf 79 Punkte – liegt aber noch weit von der 100er Grenze entfernt.

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