Eröffnung der Zentralen Servicestelle Berufsanerkennung in Bonn Servicestelle soll Einwanderung von Fachkräften erleichtern

Bonn · Um die Einwanderung von Fachkräften zu erleichtern, gibt es in Bonn eine neue Servicestelle, die ihre Abschlüsse überprüft. Sie wurde am Montag von Anja Karliczek und Hubertus Heil eröffnet.

Anja Karliczek und Hubertus Heil sprechen mit einer ZSBA-Mitarbeiterin.

Anja Karliczek und Hubertus Heil sprechen mit einer ZSBA-Mitarbeiterin.

Foto: Marie Schneider

Manchmal hat Michael Villas Heimweh. „Wir sind weit entfernt von unserer Familie“, sagt der 37-jährige Krankenpfleger. Und trotzdem ist er froh, in Deutschland zu leben. Seine Lebensqualität habe sich verbessert, er werde viel besser bezahlt und das Gesundheitssystem in Deutschland habe viele Vorteile. An das Klima musste Villas sich erst noch gewöhnen, als er 2016 nach Deutschland kam, doch das sei jetzt auch kein Problem mehr.

Der Krankenpfleger kommt von den Philippinen und arbeitet am Universitätsklinikum Bonn (UKB). Damit Fachkräfte wie er es in Zukunft einfacher haben, sich in Deutschland zurechtzufinden, eröffneten Bundesbildungsministerin Anja Karliczek und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am Montag die Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA) in Bonn.

Wie 350 weitere Pflegekräfte am UKB (seit 2017), wurde Villas von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Bundesagentur für Arbeit (BA) angeworben, um in Deutschland zu arbeiten. Allein in Bonn kamen im Januar 2020 laut BA auf 137 arbeitslos gemeldete Gesundheits- und Krankenpfleger, Rettungssanitäter und Hebammen 376 offene Stellen. Bei den Informatikern waren es 263 offene Stellen auf 92 arbeitslos Gemeldete – der Fachkräftemangel macht sich in vielen Arbeitsfeldern in ganz Deutschland bemerkbar. „Er wird in einigen Branchen zur Wachstumsbremse“, sagte Karliczek am Montag bei der Eröffnung. Unter anderem aufgrund des demografischen Wandels sei es unumgänglich, Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu holen.

Die ZSBA ist laut Heil ein zentraler Angelpunkt, um das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das am 1. März in Kraft tritt, erfolgreich umsetzen zu können. In der neu eingerichteten Servicestelle helfen 30 Mitarbeiter ausländischen Fachkräften, die in Deutschland arbeiten wollen. Bisher arbeiteten die rund 1400 regionalen Stellen in den einzelnen Ländern nach dem Wohnortprinzip. Doch durch die zentrale Beratung sollen laut BA die Verfahren für Bewerber aus dem Ausland schneller, transparenter und einheitlicher ablaufen. „In dieser zentralen und überregionalen Stelle gibt es Lotsen, die helfen, durch das bunte Dickicht der deutschen Arbeitswelt durchzukommen“, so Karliczek.

Michael Villas sammelte zehn Jahre Berufserfahrung auf den Philippinen, bevor er als Pfleger nach Deutschland kam.

Michael Villas sammelte zehn Jahre Berufserfahrung auf den Philippinen, bevor er als Pfleger nach Deutschland kam.

Foto: Benjamin Westhoff

Villas profitierte bei seiner Einreise vor etwa vier Jahren noch nicht von der ZSBA. Doch die Bürokratie war seiner Meinung nach nicht die größte Hürde: „Das größte Problem war die Sprache.“ Bereits vor der Einreise musste er das Niveau B1 nachweisen, in Deutschland nahm er an weiteren Sprachkursen teil. „Es ist nicht so einfach am Anfang. Man muss viel Mühe und viel Geduld aufbringen“, so der Krankenpfleger. Villas hatte bereits zehn Jahre Berufserfahrung auf den Philippinen gesammelt – zwei seien mindestens nachzuweisen, sonst sei der Prozess sehr lang.

Die komplizierten Verfahren, die es in Deutschland gebe, seien ein Hindernis, das verändert werden könnte, sagte Heil am Montag. Weitere Hürden für Einwanderer, wie das „komplizierte Wetter“ sowie die „international relativ komplexe Sprache“, seien weniger einfach zu beseitigen. Doch die neue Servicestelle sei ein erster Schritt zur Eindämmung der bürokratischen Hindernisse: So hilft die ZSBA bei der Verfahrensbegleitung bis zur Einreise und der Vermittlung von Qualifizierungsmaßnahmen. Sie berät zum Anerkennungsverfahren von beruflichen Qualifikationen und unterstützt ausländische Fachkräfte bei der Zusammenstellung der erforderlichen Dokumente.

Allein das Uniklinikum möchte in diesem Jahr 180 ausländische Fachkräfte nach Deutschland holen, erklärt Dirk Roggendorf, zuständig für die Rekrutierung internationaler Pflegekräfte am UKB. „Der Pflegemangel ist ein weltweites Problem“, so Roggendorf. Das Klinikum sucht unter anderem in Serbien, Bosnien, Kroatien und Mexiko Fachkräfte. In diesen Ländern darf nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) rekrutiert werden, ohne dass dadurch der Arbeitsmarkt gefährdet wird. „Wir werben nicht die Leute aus den Krankenhäusern ab. Die meisten sitzen auf der Straße, weil sie nicht genug bezahlt werden oder es zu viele Krankenpfleger in dem Land gibt“, sagt Roggendorf.

In seinem Heimatland hätte Villas als Pflegekraft lediglich 200 bis 500 Euro verdient, obwohl die Lebenshaltungskosten recht hoch seien. „Der Preis für Benzin ist so wie in Deutschland“, nennt Villas als Beispiel. Seine Familie kam vor einem Jahr nach Deutschland, seine Ehefrau ist ebenfalls Krankenpflegerin und möchte am Uniklinikum arbeiten. Villas absolviert heute als erste ausländische Fachkraft am Uniklinikum eine Fachweiterbildung für Anästhesie und Intensivpflege.

In Deutschland könne er außerdem viel Erfahrung sammeln und eine neue Kultur kennenlernen. „Es gibt zum Beispiel bessere Geräte und andere Krankheitsbilder, dadurch gewinnt man an Erfahrung“, sagt der 37-Jährige. Außerdem sei das Gesundheitssystem hier deutlich besser – auf den Philippinen müsse er für eine Krankenversicherung viel Geld zahlen. Und was Villas auch gefällt: „Die meisten Leute folgen den Regeln, zum Beispiel im Straßenverkehr. Bei uns ist das ganz anders“, sagt er und lacht laut. Nicht immer vermisst er die Gegebenheiten in seinem Heimatland.

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