Hauptversammlung mit Kritik an Dividende Deutsche Telekom will Schulden abbauen
Bonn · Trotz eines Rekordjahres beim Umsatz bleibt bei der Telekom die Dividende mit 60 Cent je Aktie lediglich stabil. Das stieß schon vor der virtuellen Hauptversammlung am Donnerstag auf Kritik der Anteilseigner.
Frederik Beckendorff von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) nannte die Höhe „erklärungsbedürftig“. Die Dividende sei „knauserig“, sagte Winfried Mathes von Deka Investment.
Telekom-Chef Timotheus Höttges verteidigte auf der Hauptversammlung die Dividendenhöhe. Die Rendite aus Kurs und Dividende liege 2020 damit bei 6,8 Prozent. Das sei deutlich mehr als bei allen wichtigsten Wettbewerbern. „Wir können unsere Dividende weiter entwickeln“, versprach Höttges, der in seiner Rede anschaulich Verlegemöglichkeiten von Glasfasern darstellte.
Die Aktie habe sich jüngst gut entwickelt, meinte Höttges. Der Kurs liege mit 17,17 Euro um zwölf Prozent über dem Stand am Tag der Hauptversammlung im vergangenen Jahr. Bei der Aktie sehe er dennoch Luft nach oben. „Ich glaube an die 20 Euro“, sagte Höttges. Die meisten Analysten sehen derzeit ein Kursziel von 19,82 Euro. Die Telekom habe sich in den vergangenen Jahren auch am Kapitalmarkt neues Vertrauen erarbeitet.
Beckendorff von der DSW sieht den Grund für die Zurückhaltung bei der Dividendenausschüttung im deutlichen Anstieg der Schulden im Zusammenhang mit der Übernahme von Sprint durch die Telekom-Tochter T-Mobile US: „Die relative Verschuldung liegt aktuell außerhalb des definierten Zielkorridors“, so Beckendorff.
„Eine Nettofinanzverschuldung von 120 Milliarden Euro ist schon schwindelerregend“, meinte auch Mathes. Er hoffe, dass der Schuldenberg schnell wieder abgebaut wird, um die Wachstumsstrategie in den Bereichen Glasfaseranschluss bis ins Haus, 5G-Ausbau und Mehrheitserwerb T-Mobile US nicht auszubremsen. Auch Höttges nannte es eine jetzt anstehende Aufgabe, die Schulden des Konzerns zu reduzieren. „Es ist Erntezeit“, meinte er zum US-Geschäft. Zunächst würden die Schulden in den USA verringert. Im Anschluss daran profitiere die Telekom direkt vom Erfolg des US-Geschäfts. In den Jahren 2023 bis 2025 werde die T-Mobile bis zu 60 Milliarden Dollar an die Anteilseigner zurückgeben. Auf die Deutsche Telekom, der derzeit 43 Prozent an T-Mobile US gehören, entfielen bis zu 26 Milliarden Dollar.
Neues Vergütungssystem
Viele Fragen gab es auch zum neuen Vergütungssystem für den Vorstand der Telekom, das eine Reihe von kurz- und langfristigen Zielen für die variable Vergütung beinhaltet. Wie Aufsichtsratschef Ulrich Lehner erläuterte, stand im Vordergrund der neuen Vergütung vor allem eine Anpassung an neue gesetzliche Bedingungen. Das komplexe System berücksichtigt nach Telekom-Angaben auch Kennziffern zur Zufriedenheit bei Kunden und Mitarbeitern sowie ökologische Aspekte.
Für 2020 bekam Höttges laut Vergütungsbericht 6,97 Millionen Euro. Für den erfolgreichen Abschluss des US-Geschäftes sprach ihm der Aufsichtsrat eine Sonderzahlung von 600.000 Euro zu, die in dieser Summe enthalten sind. Lehner lobte an mehreren Stellen die Tätigkeit Höttges, er bringe das Unternehmen deutlich voran. Für das neue Vergütungssystem hat der Aufsichtsrat für den Vorstandsvorsitzenden eine Obergrenze der Gesamtvergütung bei 8,5 Millionen Euro eingezogen.
Die DSW verweigerte dem Vorstandsvergütungssystem die Zustimmung. „Zwar weist das neue Vergütungssystem punktuelle Verbesserungen gegenüber dem bisherigen System auf“, sagt Beckendorff. Doch Probleme seien mangelnde Transparenz über zukünftige Vergütungshöhen und zu große Ermessensspielräume des Aufsichtsrats bei der Gewährung von Sonderboni.
Geringer Krankenstand
Zufrieden zeigte sich Höttges mit den für die Corona-Pandemie entwickelten Hygiene-Konzepten. Der Krankenstand sei auf fünf Prozent gesunken. „Wir hoffen, dass wir bald auch impfen können“, meinte der 57-Jährige. Der betriebsärztliche Dienst der Telekom könne mehr als 70.000 Mitarbeiter innerhalb von acht Wochen schaffen.
Zur kriselnden Geschäftskundensäule T-Systems, deren Restrukturierung durch die Corona-Krise einen Rückschlag erlitten hat, sagte Höttges: „Großunternehmen halten sich mit Investitionen aktuell zurück.“ Die Umstrukturierung von T-Systems sei hart. Die T-Systems müsse aber einen positiven Beitrag zum Ergebnis des Konzerns liefern. Kleine und mittlere Unternehmen würden inzwischen aus der Telekom Deutschland heraus betreut. Das sei ein Grund, warum der Umsatz bei T-Systems
2020 um 5,6 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro gesunken sei.
„Aufsichtsrat mit Kompetenzdefiziten“
Winfried Mathes von Deka Investment ist der Ansicht, dass der Aufsichtsrat der Telekom Kompetenzdefizite aufweist. Es fehle die Industrieexpertise für den amerikanischen Mobilfunkmarkt, obwohl hier der höchste Gewinnbeitrag des Konzerns erwirtschaftet wird. Auch ein neuer Chefaufseher als Nachfolger von Ulrich Lehner sei immer noch nicht in Sicht. „Für beides muss schleunigst eine Lösung gefunden werden, will der Telekom-Aufsichtsrat nicht in einem Vakuum enden“, so Mathes. Eigentlich sollte im kommenden Jahr Ex-BMW-Chef Harald Krüger Lehner nachfolgen, doch er sagte aus persönlichen Gründen ab.
Die Telekom will künftig die Beschäftigten am Unternehmen. In Deutschland kann jeder Mitarbeiter für bis zu 1000 Euro im Jahr Aktien erwerben. Nach vier Jahren Haltefrist gibt das Unternehmen die Hälfte der Aktien noch einmal dazu.
Das Unternehmen habe intern eine gute Streitkultur entwickelt, findet Höttges: „Bei uns geht es nicht um Macht von Abteilungen, sondern um die Kraft des Arguments. Die Schmollecke haben wir abgeschafft.“