Equal Care Day Bonner Initiative will mehr Wertschätzung für Sorgearbeit

Bonn · Ein Bonner Netzwerk macht am „Equal Care Day“ am 29. Februar, auf Missstände in unbezahlten und bezahlten Pflegetätigkeiten aufmerksam.

 Pflegearbeit übernehmen häufig Frauen – nicht nur im Beruf, sondern auch zu Hause. Eine Initiative aus Bonn fordert mehr Wertschätzung.

Pflegearbeit übernehmen häufig Frauen – nicht nur im Beruf, sondern auch zu Hause. Eine Initiative aus Bonn fordert mehr Wertschätzung.

Foto: dpa/Sebastian Willnow

Ein Stuhl wird leer bleiben bei der digitalen Städtekonferenz am sogenannten Equal Care Day. „Dieser leere Stuhl steht symbolisch für die Pflegekräfte, die wegen Arbeitsüberlastung keine Kraft und keine Zeit mehr haben, selbst von ihrem Berufsalltag zu erzählen“, erklärt Kathrin Kürzinger von der Evangelischen Akademie im Rheinland (EAiR). Mit der Aktion will sie darauf aufmerksam machen, dass Fürsorge- und Pflegearbeit („Care“) häufig unsichtbar bleibt und nicht genug Wertschätzung erlebt.

Das war auch die Intention von Almut Schnerring, Autorin und Journalistin, und ihrem Kollegen Sascha Verlan, die 2016 den 29. Februar zum Equal Care Day erklärt haben. „Es ist ein Aktionstag für mehr Wertschätzung, Sichtbarkeit und eine faire Verteilung der Sorgearbeit“, sagt Schnerring. Sorgearbeit steht dabei sowohl für unbezahlte als auch für bezahlte Tätigkeiten: Die Pflege von kranken Menschen, die Erziehung und Betreuung von Kindern, die Altenpflege oder die Sterbebegleitung sind nur einige Beispiele für Tätigkeiten aus dem „Care“-Bereich. Über die Jahre hinweg haben Schnerring und Verlan aus Bonn ein großes Netzwerk mit Menschen und Organisationen gebildet, die sich für bessere Bedingungen in der Sorgearbeit einsetzen. 2020 entstand am Equal Care Day ein Manifest, in dem das Netzwerk seine Forderungen für Care-Arbeit weltweit festhält. Die Initiative plädiert beispielsweise für die Einführung einer finanziell abgesicherten Familienarbeitszeit. So solle es für die Pflege von kranken oder hilfsbedürftigen Angehörigen flexible Zeitbudgets und ein Sorgegeld geben. Auch für eine geschlechter-, care- und diversitätssensible Pädagogik setzt sich das Netzwerk ein. Eine gleichberechtigte Arbeitsteilung müsse unterstützt und gefördert werden, zum Beispiel durch Steuergesetzgebungen, wie die Abschaffung des Ehegattensplittings, und alternative Erwerbsmodelle.

Initiative fordert Lohngerechtigkeit

Nicht zuletzt fordert die Initiative Lohngerechtigkeit. „Wenn es einen Equal Pay Day gibt, – und den gibt es zurecht –, dann braucht es auch einen Equal Care Day. Weil die ungleiche Verteilung der Sorgearbeit eine der Hauptursachen ist für die Lohn- und Rentenlücke“, so Schnerring. Der 29. Februar, der nur alle vier Jahre im Kalender auftaucht, stehe dabei als „unsichtbarer Tag“ für diese „unsichtbare Arbeit“, die häufig Frauen übernehmen.

Städtekonferenz mit Oberbürgermeisterin Katja Dörner

Das Problem der fehlenden Sichtbarkeit will auch Kürzinger am Equal Care Day aufgreifen. Denn am 1. März nimmt sie für Bonn an der Städtekonferenz der Initiative „Equal Care Day“ teil. Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen Städten und Vereinen machen an diesem Tag auf die Herausforderungen in der Sorgearbeit aufmerksam. Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) wird ebenfalls anwesend sein. Die Probleme in Pflegeberufen und bei unbezahlter Sorgearbeit haben sich während der Corona-Pandemie nochmals verschärft. „Wir dachten zu Beginn, dass die Pandemie eine Chance ist, um das Thema Care-Arbeit nach oben zu heben. Aber im Verlauf der zwei Jahre hat sich dann eine große Enttäuschung breit gemacht. Wir finden es als Verband zum Beispiel sehr bedauerlich, dass die Pandemie und das Thema Sorge gar nicht explizit im Koalitionsvertrag der Bundesregierung genannt sind“, sagt Karsten Kassner vom Bundesforum Männer, das ebenfalls bei der Städtekonferenz vertreten sein wird.

Interessierte können sich noch Tickets für das Event am Equal Care Day kaufen. Bei der digitalen Veranstaltung am Dienstag, 1. März, wird es sechs Bühnen geben, auf denen 25 verschiedene Organisationen aus ganz Deutschland unter anderem über die Themen „Altersarmut bei Frauen“, „Lohnlücke von migrierten Frauen im Pflegesektor“ und „Geschlechterstereotype“ informieren. Die Städtekonferenz findet von 9 bis 18 Uhr statt.

Mehr Informationen gibt es unter dem Link: www.equalcareday.de.

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