Streit um SWB-Jobs Bonner Stadtrat beruft SPD-Mann Esser ab

BONN · Der Streit um Spitzenjobs bei Stadtwerken eskaliert. SPD-Fraktionsmitglied Werner Esser wird aus dem SWB-Aufsichtsrat abgezogen, der Oberbürgermeister zum freiwilligen Rücktritt vom Stadtwerke-Posten aufgefordert. SPD und Linke kündigen rechtliche Schritte an.

Einen solchen Vorgang hat es im Bonner Stadtrat wohl noch nie gegeben: Weil SPD-Fraktionsmitglied Werner Esser im Aufsichtsrat der Stadtwerke Bonn (SWB) anders als vom Rat im Mai beschlossen für die Vertragsverlängerung der SWB-Konzernchefs Heinz-Jürgen Reining und Marco Westphal stimmen wollte, wurde der Sozialdemokrat auf Antrag von CDU, Grünen und Bürger Bund Bonn (BBB) Donnerstagabend nach geheimer Abstimmung mit 41 Ja- zu 31 Nein-Stimmen als SWB-Aufsichtsrat abberufen.

Für Esser soll nun Bernhard Wimmer vom BBB in das Gremium folgen. Er soll in der nächsten Aufsichtsratssitzung für die vom Stadtrat beschlossene Ausschreibung der Chefposten stimmen. FDP-Fraktionschef Werner Hümmrich erklärte nach der Abstimmung gestern Abend, seine Fraktion habe wegen der Personalie Wimmer den Antrag abgelehnt.

Weil auch Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) an Parteifreund Reining und auch an Westphal festhalten wollte, aber als geborenes Mitglied des Aufsichtsrates der SWB-Holding nicht abberufen werden kann, forderte die Ratsmehrheit den OB auf, er solle sein Amt freiwillig niederlegen.

Wie berichtet, war bei einer ersten Abstimmung im SWB-Aufsichtsrat keine erforderliche Zweidrittel-Mehrheit zustande gekommen. Sie soll jetzt im Oktober wiederholt werden. Dann reicht eine einfache Mehrheit. Nach derzeitigem Stand ist davon auszugehen, dass es in dem mit jeweils sechs Arbeitnehmervertretern und sechs Eigentümervertretern (Stadt Bonn) besetzten Gremium trotz des Wechsels von Esser zu Wimmer wohl nur zu einem Patt reichen wird. Zünglein an der Waage ist dann Aufsichtsratsvorsitzender Klaus-Peter Gilles (CDU), dessen Stimme in einem solchen Fall doppelt zählt. Wenn denn nicht die Bezirksregierung Köln diese Pläne vorher durchkreuzt.

Vergeblich hatten Michael Faber (Linke) und Dieter Schaper (SPD) versucht, den Dringlichkeitsantrag zur Abberufung Essers von der Tagesordnung abzusetzen. Sie kündigten an, gegen den Beschluss rechtliche Schritte einzuleiten. Der OB sagte dem GA, er werde prüfen, ob er den Beschluss beanstanden werde. CDU-Ratsfraktionschef Gilles erinnerte an mehrere Sitzungen des Vermittlungsausschusses. "Dabei ist kein fruchtbares Ergebnis herausgekommen."

Auch ein Gespräch, das er diese Woche mit seinem Stellvertreter im Aufsichtsrat, Arbeitnehmervertreter Stefan Behr, geführt habe, habe keine Lösung gebracht. "Erst danach habe ich den Dringlichkeitsantrag freigegeben", sagte Gilles. Peter Finger (Grüne) erinnerte die SPD daran, gerade sie habe sich doch für die Ausschreibung von Spitzenpositionen bei der Stadt starkgemacht. Für Bärbel Richter (SPD) ist das Ganze eine Machtfrage. "Der Flurschaden für die SWB ist viel größer, als CDU und Grüne abschätzen können", sagte sie. Faber sagte, das Vorgehen sei "respektlos gegenüber dem Mitbestimmungsrecht bei den Stadtwerken".

Nimptsch erklärte, er habe keineswegs gegen den Ratsbeschluss verstoßen. Er habe damals einen Kompromissvorschlag gemacht, über den Gilles nur zum Teil habe abstimmen lassen. Er erinnerte den Christdemokraten daran, dass dieser ja genau dasselbe im Schlichtungsprozess getan habe. Der OB warf der schwarz-grünen Ratsmehrheit vor, eine Kampagne gestartet zu haben, die dazu geeignet sei, den Stadtwerken, dem Amt des Oberbürgermeisters und letztlich auch dem Rat Schaden zuzufügen.

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