IT-Serviceunternehmen BWI aus Meckenheim soll um 900 Stellen wachsen

Bonn · Das Dienstleistungsunternehmen für die Bundeswehr aus Meckenheim sichert deren moderne Kommunikation. 2020 soll die 2006 gegründete Gesellschaft um 900 Stellen wachsen, die Hälfte kommt in den Großraum Bonn.

 Ein Mitarbeiter der BWI in Rheinbach hat auf seinen Monitoren das IT-Netz der Bundeswehr im Blick. Bei Problemen wird sofort reagiert.

Ein Mitarbeiter der BWI in Rheinbach hat auf seinen Monitoren das IT-Netz der Bundeswehr im Blick. Bei Problemen wird sofort reagiert.

Foto: Benjamin Westhoff

Besucher des Campus Auermühle im Bonner Norden ahnen nicht, dass in den denkmalgeschützten Gebäuden einer der größten IT-Serviceunternehmen Deutschlands sitzt. Grund ist, dass auch bei der BWI GmbH, dem IT-Dienstleister der Bundeswehr, für viele Mitarbeiter Homeoffice angesagt ist, die meisten Autostellplätze sind in Corona-Zeiten leer.

Die zu Büros umfunktionierten Mühlen und das Getreidesilo erinnern an eine Vergangenheit, als die Wirtschaft viel stärker auf realen Gütern basierte. Platz finden in Graurheindorf in normalen Zeiten rund 700 Beschäftigte, weitere 400 haben ihren Arbeitsplatz offiziell in Meckenheim, wo auch heute noch die Unternehmenszentrale von BWI ist. Aber auch auf der Hardthöhe, in Godesberg, in der Kaserne Tomburg in Rheinbach und in Köln-Wahn sind BWI-Mitarbeiter tätig: Im größeren Bonner Raum sind es inzwischen 2000 Beschäftigte, bundesweit kommt die erst 2006 gegründete Gesellschaft auf rund 5000 Beschäftigte, wie Pressesprecher Jochen Reinhardt berichtet.

Kasernen ohne Internetanschluss

Das BWI ist ein hundertprozentiges Bundesunternehmen und aus dem Projekt „Herkules“ hervorgegangen. Bis 2016 war es eine öffentlich-private Partnerschaft zwischen dem Staat, Siemens und IBM. Die Aufgabe: die teilweise völlig veraltete IT der Bundeswehr zu modernisieren und unterschiedliche Systeme zu vereinheitlichen. „Es gab Kasernen, die waren noch nicht einmal ans Internet angeschlossen“, erinnert sich Reinhardt.

Weil das öffentliche Haushaltsrecht eine stabile, kontinuierliche Finanzierung nicht gewährleistet hätte, für das Vorhaben aber viel Geld in die Hand genommen werden musste, entschied man sich für eine solche Gesellschaftsstruktur. Sieben Milliarden Euro standen für zehn Jahre bereit. „Nach der Modernisierungphase kamen wir in den letzten Jahren auf einen jährlichen Gewinn von knapp zehn Prozent“, erklärt Reinhardt.

Weiße IT ist nicht-militärisch

Die BWI ist für die sogenannte weiße IT zuständig, die Kommunikation, Aufklärung und Logistik sichert, aber nicht in den Waffensystemen verbaut wird. 12.000 Bundeswehrstandorte mussten an das neu errichtete Kabelnetz angeschlossen, 140.000 Rechner ausgetauscht werden, gut ein Zehntel davon stammten noch aus dem Jahr 1992.

Seit 2017, als Siemens und IBM aus dem Projekt wie vorgesehen ausschieden, sind neue Aufgaben auf die BWI zugekommen. Zu Jahresbeginn integrierte die Gesellschaft den Cyber Innovation Hub, das ist ein 20-köpfiges Team in Berlin, das für die Bundeswehr interessante Entwicklungen von Start-ups ausfindig machen soll.

Ein anderes Innovationszentrum, der Health Innovation Hub (“Hub“ heißt „Drehkreuz“), operiert innerhalb der BWI bereits seit einem Jahr, angesiedelt ist es beim Bundesgesundheitsministerium. So halten die Bundeswehrkrankenhäuser inzwischen Videokonferenzen miteinander ab.

Mobiles Arbeiten weiter verbreitet in der Krise

Ein großes Thema ist durch die Corona-Krise das mobile Arbeiten geworden. „Vor Corona gab es nur 7000 Tele-Arbeitsplätze, die haben wir in den ersten zwei Wochen des Lockdowns auf 20.000 mobile Arbeitsplätze hochgefahren“, berichtet der Pressesprecher: „Ganz neue Rechner mit verschlüsseltem Zugang.“ Ziel bis zum Jahresende sind 70.000 Laptops für das mobile Arbeiten in der Bundeswehr. Mit dem jüngsten Konjunkturpaket plant die Bundesregierung eine Vollausstattung der Soldaten mit Latops in naher Zukunft.

Der geplante Umsatz der BWI in diesem Jahr liegt bei einer Milliarde Euro, rund 400 Millionen mehr als noch vor drei Jahren. „Da sind einige Projekte durch Corona weggefallen, es gibt auch weniger Reisen, andere Aufgaben kamen hinzu: Wir haben etwa mit IT den Aufbau von Notlazaretten für Corona-Patienten unterstützt“, so Reinhardt.

 Die BWI sieht sich als attraktiver Arbeitgeber, in diesem Jahr sollen rund 900 neue Mitarbeiter eingestellt werden, etwa die Hälfte davon im Raum Bonn. „Unsere Vorteile sind eine extrem hohe Arbeitsplatzsicherheit, die man sonst in der IT-Branche nicht findet, gleichzeitig haben wir keine Behördenstruktur“, sagt Reinhardt. Personal auf dem Arbeitsmarkt zu finden, „klappt im Moment noch.“ Dennoch ist der Altersdurchschnitt recht hoch, ein paar hundert Mitarbeiter sind Bundeswehrsoldaten, die Vollzeit in der BWI beschäftigt sind.

Ein Makel aus der Vergangenheit

Ein Makel lastet auf der BWI aus der Vergangenheit: Sie ist direkt in die Berateraffäre der früheren Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) verwickelt. Reinhardt: „Wir sind nicht vom Untersuchungsausschuss befragt worden, aber wir haben dem Bundesverteidigungsministerium kistenweise Unterlagen zur Verfügung gestellt.“

Unter anderem der Bundesrechnungshof hatte eine nicht-wirtschaftliche Auftragsvergabe an externe Berater durch die BWI kritisiert. „Wir haben Konsequenzen gezogen, und einige Dinge prüfen wir noch“, sagt der Sprecher. Viele Verträge seien nachgeschärft sowie die Einkaufs- und Vergabeabteilung neu aufgestellt worden, „damit wir sauber sind“. Nach der Sommerpause will der parlamentarische Untersuchungsauschuss nun seinen Abschlussbericht vorlegen.

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