Tagung zu Big Data in Bonn Chancen und Risiken der großen Datenflut

Bonn · Was genau mit den Daten geschieht, die wir täglich im Internet, bei jedem hochgeladenen Foto, jedem Einkauf, jedem Click hinterlassen, ist nicht bekannt. Sicher ist aber: das digitale Gehirn von Google, Amazon, Apple oder Facebook vergisst nichts.

 Buchautor Viktor Mayer-Schönberger bei der Eröffnungsrede der Tagung "Big Data und die informationelle Selbstbestimmung" mi WCCB.

Buchautor Viktor Mayer-Schönberger bei der Eröffnungsrede der Tagung "Big Data und die informationelle Selbstbestimmung" mi WCCB.

Foto: Marcel Dörsing

Autor Viktor Mayer-Schönberger erklärte bei der Eröffnung der Tagung „Big Data und informationelle Selbstbestimmung“ die Vorteile und die Gefahren des großen Datensammelns.

Die große Sammlung von Daten, auch Big Data genannt, birgt für Menschen große Risiken, doch ebenso groß sind die Chancen für die Menschheit, wie Eröffnungsredner Viktor Mayer-Schönberger gestern auf der Tagung erklärte. Auf Einladung der Bundeszentrale für politische Bildung gab der Professor, der an der Universität Oxford lehrt, den Zuhörern im World Conference Center einen Einblick in die Welt der Datenkraken von Google, Facebook oder Amazon.

„Big Data“ – das ist eine neue Dimension des Verstehens, eine Chance näher an die Wirklichkeit heranzukommen“, sagte Mayer- Schönberger. Einer Schätzung zufolge habe sich in den 20 Jahren zwischen 1987 und 2007 die weltweite Datenmenge verhundertfach. Alle 18 Monate verdoppele sie sich. Big Data habe bereits erstaunliche Erkenntnisse hervorgebracht: Wohin breitet sich eine Grippewelle aus? Wann ist mit dem Verschleiß von Bauteilen zu rechnen, so dass es rechtzeitig ausgetauscht werden kann? – Die immer neue Verknüpfung und Auswertung der Daten öffne eine Welt des Wissens, nicht nur über die Vergangenheit, sondern auch über die Zukunft, so Mayer-Schönberger.

Doch Big Data hat auch eine Schattenseite. Mayer-Schönberger: „Der Zugang zu Daten bedeutet Macht.“ Daher würden „die Kleinen“ – Start-ups mit innovativen Ideen und Zugang zu Daten – schnell mächtig und „die Großen“ wie Facebook und Google immer größer. Wirtschaftlich ergebe sich hier für den Mittelstand ein riesiges Problem, so der Professor und Buchautor. Noch größer seien jedoch seine Sorgen, dass individuelle Freiheiten auf der Strecke bleiben.

Ein Szenario wie in im Film „Minority Report“, in dem Menschen nicht wegen bereits begangener Taten von der Polizei verhaftet werden, sondern wegen Verbrechen, die sie noch begehen werden, sei keinesfalls abwegig. Trotzdem: Für Mayer-Schönberger wäre es falsch hinter die Aufklärung 2.0 zurückzugehen und das Projekt Big Data zu beerdigen. Auch die Forderung nach mehr Transparenz und Ausweitung von Individualrechten helfe hier kaum weiter. „Wir müssen Datenschutz als Gemeinschaftsaufgabe begreifen und nicht dem Einzelnen überlassen“, so Mayer Schönberger. Das Individuum sei schlichtweg überfordert mit dem Kampf gegen die indirekte Überwachung durch internationale Konzerne. Daher brauche es eine gesellschaftliche Debatte. „Ich denke nicht, dass Politik oder die Unternehmen diese Debatte auslösen.“

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