Hauptversammlung der Deutschen Bank Cryan verspricht einen Neuanfang

FRANKFURT · Bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank sparen die unzufriedene Aktionäre nicht mit Kritik und fordern vom Vorstand einen Kurswechsel.

 Händedruck: Die beiden bisherigen Co-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, John Cryan (links), und Jürgen Fitschen begrüßen sich bei der Hauptversammlung der Bank in der Festhalle in Frankfurt.

Händedruck: Die beiden bisherigen Co-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, John Cryan (links), und Jürgen Fitschen begrüßen sich bei der Hauptversammlung der Bank in der Festhalle in Frankfurt.

Foto: dpa

Manchmal sagt unerwarteter Applaus mehr als tausend Worte. Als der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, Paul Achleitner, die rhetorische Frage stellte, „ob ich überhaupt noch der Richtige sei, um den notwendigen Neuanfang bei der Deutschen Bank zu begleiten“, klatschten die Aktionäre laut in die Hände. Als Achleitner sich sicher zeigte, „dieser Institution dienen zu können“, fiel der Applaus deutlich leiser aus.

Paul Achleitner sieht sich als Teil der Lösung, vor allem Kleinaktionäre sehen ihn als Teil des Problems. Dennoch spricht die Mehrheit dem Oberaufseher das Vertrauen aus. „Achleitner hat vieles richtig gemacht, indem er den Vorstand konsequent umgebaut hat“, attestiert ihm Ingo Speich, der die Interessen der Fondsanleger bei Union Investment vertrat.

Das Jahr abhaken, den Blick nach vorn richten, die neue, gewandelte Deutsche Bank heraufbeschwören – das war der Wunsch von Vorstand und Aufsichtsrat. Anleger teilten diesen Wunsch, doch die Stimmung unter ihnen war schlecht. „Ich bin sehr wütend, deshalb gehe ich hierher“, sagte eine Aktionärin. Wer will es ihr verdenken? In den vergangenen zwölf Monaten hat sich der Aktienkurs noch einmal halbiert. 2015 verzeichnete die Bank einen Rekordverlust. Die Dividende fällt aus – auch im kommenden Jahr - und immer wieder die Diskussion um den Kulturwandel.

Der scheidende Co-Chef Jürgen Fitschen, der über 30 Jahre der Bank „diente“, wie er sagte, bekam besonders den Unmut der Aktonäre zu spüren. Mehrere Zwischenrufer fielen ihm ins Wort, als er vom neuen Denken bei der Deutschen Bank sprach: „Wer für uns arbeitet, muss ein sicheres Gefühl dafür entwickeln, welche Geschäfte wir machen und welche Geschäfte und Kunden wir meiden“, erklärte Fitschen. Ein wütender Anleger forderte laut Schulungen für die Vorstände und nicht für die Mitarbeiter. Heuchelei wurde dem Gremium vorgeworfen.

Auch vor der Halle hatte es jede Menge Proteste gegeben. Viele Aktionäre betraten die Frankfurter Festhalle mit einem bedruckten Schwammtuch in der Hand. „Sauber machen, Herr Cryan“, stand darauf zu lesen. Eine von den kreativeren Ideen, sich dem Ärger Luft zu machen. John Cryan, der nach dieser Versammlung alleiniger Chef der Deutschen Bank sein wird, schlug erst einmal optimistische Töne an. „Wir wollen wieder nach vorne schauen können. Wir wollen uns wieder mit aller Kraft auf unsere Kunden konzentrieren“, so der Brite.

5,4 Milliarden Euro hat die deutsche Bank für Rechtsstreitigkeiten zurückgelegt. Das werde nicht reichen sagte Cryan und bezeichnete diesen Zustand als „indiskutabel“. Der Wandel ist in vollem Gange: Berichten zufolge hat sich die Deutsche Bank bereits von 30 000 Kunden getrennt. In manchen Ländern gibt sie ihre Präsenz ganz auf und auch in Deutschland schließen Filialen. John Cryan kündigte deutliche Einschnitte an, um die Bank wieder in Form zu bringen. „Der anstehende Abbau wird mehrere Tausend Stellen betreffen“, so Cryan, ohne eine genaue Zahl zu nennen. „Wir werden alles tun, um diesen Prozess so schnell wie möglich, aber auch fair und sozialverträglich zu gestalten.“

Bis Ende 2018 sollen die jährlichen Kosten um fünf Milliarden Euro auf dann 22 Milliarden Euro gesenkt werden. Cryan gilt als ruhig, bodenständig und besonnen. Ihm trauen die Anleger zu, dass er das Ruder herumreißen kann.

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