Solarworld Dem Bonner Unternehmen läuft die Zeit davon

BONN · Der finanziell schwer angeschlagenen Bonner Solarworld läuft die Zeit davon. Weil noch keine Einigung mit den Gläubigern über einen Schuldenschnitt erzielt wurde und damit das Konzept für eine Fortführung des Unternehmens fehlt, musste das Unternehmen seine ursprünglich für den kommenden Donnerstag geplante Bilanzvorlage absagen.

Aktionärsschützer werfen dem Management Versäumnisse vor. Vereinzelt werden auch Forderungen laut, Gründer und Vorstandschef Frank Asbeck solle zur Sanierung des Unternehmens eigenes Geld zuschießen.

"Das Solarworld-Management hat zu lange auf eine subventionsgetriebene Bonanza gesetzt", kritisiert etwa Christian Strenger. Der langjährige frühere Chef der DWS, der größten Fondsgesellschaft in Deutschland, hält privat Solarworld-Aktien. Schon auf der letztjährigen Hauptversammlung hatte er die Zusammensetzung des Aufsichtsrats bei Solarworld beanstandet. Das aus den drei Rechtsanwälten Claus Recktenwald, Georg Gansen und Alexander von Bossel bestehende Gremium sei fachlich überfordert: "Solarworld besitzt keinen Aufsichtsrat, der Herrn Asbeck auf Augenhöhe begegnen kann."

Nach Auffassung von Wolfgang Hummel vom Zentrum für Solarforschung in Berlin hat das Solarworld-Management zu lange am vollintegrierten Produktionsmodell festgehalten. "Dass Solarworld vom Silizium bis zum fertigen Modul alles selber macht, entpuppt sich jetzt als schwere Last", so Hummel. In allen Bereichen gebe es weltweit Überkapazitäten. "Asbeck muss seine Wertschöpfungskette verkürzen", rät Hummel. Dass Solarworld so tief abgerutscht sei, sei schade, "denn Solarworld ist eigentlich eine großartige Marke, und bei der Automatisierung sind die Bonner nicht zu schlagen."

Für Daniel Bauer, Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), steigt die Gefahr einer Insolvenz. Ein Pro-blem bestehe darin, die Zustimmung der Anleihegläubiger zu einem Schuldenschnitt zu bekommen. "Nur wenn mindestens ein Viertel der Anleihengläubiger zur Gläubigerversammlung kommt und dort drei Viertel den Kapitalmaßnahmen zustimmen, ist das verbindlich", erläutert Bauer.

Es sei aber schwierig, die Zeichner der beiden Anleihen zu erreichen. Wie berichtet, hatten die Bonner zwei Unternehmensanleihen im Volumen von zusammen 550 Millionen Euro ausgegeben, die 2016 beziehungsweise Anfang 2017 fällig werden. Obwohl beide Anleihen mit Zinscoupons von jeweils mehr als sechs Prozent ausgestattet sind, notieren sie an der Börse bei nur noch rund 20 Prozent ihres Wertes - ein deutlicher Hinweis auf das Ausmaß des für das Überleben von Solarworld nötigen Schuldenschnitts.

"Den Gläubigern jetzt die Pistole auf die Brust zu setzen, ist nicht der charmanteste Weg", kritisiert Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), das Vorgehen von Asbeck. Dass Insolvenzspezialist Hans-Gerd Jauch Solarworld offenbar seit Monaten berate, werfe die Frage auf, ob die Aktionäre rechtzeitig über die Lage des Unternehmens informiert worden sind.

Aktionär Strenger fordert: "Herr Asbeck sollte die Restrukturierung auch mit eigenen Mitteln begleiten." Und fügt unter Hinweis auf Asbecks Kauf des zuvor Thomas Gottschalk gehörenden Schlosses Marienfels bei Remagen hinzu: "Schlosskäufe gibt es ja auch nicht umsonst." Frank Asbeck wollte sich dazu nicht äußern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort