Staatlichen Subventionen Der Ring und die verbotenen Millionen aus Mainz

MAINZ · Noch ist nichts eingetütet. Aber sollten sich die Hinweise aus Brüssel bewahrheiten, dürfte die rheinland-pfälzische Landesregierung noch im Sommer eine schallende Ohrfeige erhalten. So hatte die EU-Kommission vor zwei Jahren ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland gestartet.

Überdimensioniertes Projekt: Der Freizeit- und Geschäftskomplex am Nürburgring.

Überdimensioniertes Projekt: Der Freizeit- und Geschäftskomplex am Nürburgring.

Foto: dpa

Moniert wurden 486 Millionen Euro, die der Nürburgring aus Steuergeldern, das heißt aus dem Landeshaushalt, erhalten hat. Nun zeichnet sich ab, dass Brüssel einen Großteil davon als illegal deklarieren wird. Das heißt: Die Unterstützungen für den Nürburgring aus rheinland-pfälzischen Steuergeldern verstoßen gegen europäisches Wettbewerbsrecht und sind unvereinbar mit dem EU-Binnenmarkt.

Dies geht aus Informationen hervor, die aus der Behörde des EU-Wettbewerbskommissars Joaquin Almunia stammen. Almunia ist nur noch wenige Monate im Amt, und wie es heißt, will er das Thema Nürburgring vom Tisch haben. Schon am 11. Juni, verlautet es aus Brüssel, könnte eine Entscheidung Rechtskraft erlangen.

Bei den beanstandeten staatlichen Subventionen handelt es sich unter anderem um ein 330-Millionen-Euro-Darlehen der landeseigenen Bank ISB für den Ausbau des Rings zum Freizeit- und Geschäftszentrum. Auch stille Einlagen der ISB bei einer Firma am Nürburgring von 85,5 Millionen stehen im Fokus. Unter anderem wegen dieser war Ex-Finanzminster Ingolf Deubel (SPD) in erster Instanz zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Deutschland, gegen das offiziell das Beilhilfeverfahren läuft, hätte dann vier Monate Zeit, um den Schaden wiedergutzumachen. Das heißt: Das Land Rheinland-Pfalz müsste bis zu 486 Millionen Euro von der Nürburgring GmbH zurückfordern. Dies inklusive Zinsen von bis zu sechs Prozent pro Jahr. Damit soll die "ursprüngliche Marktsituation" wiederhergestellt werden. Allerdings kann die Bundesrepublik auch die Frist verstreichen lassen und den Europäischen Gerichtshof anrufen.

Die Lage ist allerdings kompliziert, denn die Nürburgring GmbH hat überhaupt nicht die Mittel, um die Summe zurückzuzahlen. Sie musste im Sommer 2012 Insolvenz anmelden. Umso wichtiger war es, dass der Nürburgring an Private verkauft wurde, und zwar in einem Verfahren, das den Regeln der EU entspricht. Das heißt, der Verkauf musste europaweit, transparent, diskriminierungsfrei und bedingungslos erfolgen. Im März kaufte der Düsseldorfer Autoteilehersteller Capricorn für 77 Millionen Euro die beiden Rennstrecken samt Hotels und Gebäuden. Damit ist schon einmal eine Forderung der EU-Kommission erfüllt. Nur ein Teil des Kaufpreises dürfte im Landeshaushalt ankommen, Ring-Sachwalter Jens Lieser hatte einmal von 40 bis 60 Millionen Euro gesprochen. Es könnte auch weniger sein.

Das heißt, bis zu 486 Millionen Euro werden vom Land als Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet. Zwei Dinge sind dabei durchaus positiv: Zum einen wird den Nürburgring-Insolvenzverwaltern bescheinigt, den Verkaufsprozess rechtlich einwandfrei abgewickelt zu haben. Damit dürften auch die Beschwerden von ADAC, dem Verein "Ja zum Ring" sowie den unterlegenen Bietern HIG und Nexovation abgeschmettert werden. Zum anderen wird der Käufer Capricorn nicht verdonnert, selbst für die Rückzahlungen ans Land aufzukommen. Capricorn hatte sich für den Fall der Fälle eine Ausstiegsklausel aus dem Kaufvertrag gesichert.

Vertreter der rheinland-pfälzischen SPD versuchen, die Informationen herunterzuspielen. So erklärte Innenminister Roger Lewentz, er kenne diese Papiere nicht. Die genannten Summen würden in Brüssel "sehr unterschiedlich interpretiert". SPD-Generalsekretär Jens Guth regte sich darüber auf, dass "interne Informationen" durchgestochen wurden. Das klingt fast schon so hilflos wie die Ankündigung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer, als Lehre aus dem Nürburgring-Debakel einen "Wirtschaftlichkeitsbeauftragten" einzurichten.

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